Kollegin statt „Azubine“

PraxisInterviews

Maria Nachtmann hat ihr Abi in der Tasche – und zwar eines mit ziemlich guten Noten. Ganz bewusst entscheidet sie sich gegen ein Studium und für eine Ausbildung bei der Lindner Group KG. Für sie, für ihren Werdegang und selbstverständlich auch für ihren Ausbildungsbetrieb war das die richtige Entscheidung. Das beweist sie 2023 mit ihrem Abschluss als bundesbeste Auszubildende zur Industriekauffrau.

Reden wir nicht um den heißen Brei herum. Längst ist ein harter Wettbewerb um die besten Köpfe unter den nachrückenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen entbrannt. Nicht nur die Wirtschaft sucht Auszubildende, auch die Hochschulen brauchen Studierende und auch die öffentliche Verwaltung braucht Anwärterinnen und Anwärter. Deshalb sind die Erfahrungen, die Maria Nachtmann und ihre Ausbilderin, Stefanie Wimmer, im nachfolgenden Interview schildern, ein im wahrsten Sinne des Wortes „ausgezeichnetes“ Beispiel dafür, welche Faktoren zusammenkommen müssen bzw. zusammenkommen sollten, damit die Duale Ausbildung das leistet, was sie leisten soll: junge Menschen für ihren zukünftigen Beruf und die Berufspraxis im Ausbildungsbetrieb begeistern, ihre Persönlichkeit entwickeln sowie ihre individuellen Potenziale zur Entfaltung bringen.

Frau Nachtmann, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem tollen Abschluss als beste Industriekauffrau. Sicher gehört ein großer Teil des Erfolgs Ihnen, doch hinter einer oder einem besten Auszubildenden steht meist auch eine ziemlich gute Ausbilderin bzw. ein ziemlich guter Ausbilder. Was hat Frau Wimmer denn Ihrer Ansicht nach besonders „richtig“ gemacht? Oder anders gefragt: Welchen Anteil hat Ihre Ausbilderin an Ihrem Erfolg? 

Maria Nachtmann: Ich fand gut, dass sie die gleiche Ausbildung absolviert hat, denn dadurch konnte sie mich wirklich in allem unterstützen. Sie wusste zum Beispiel aus eigener Erfahrung, welche Lernphase besonders anstrengend ist oder wie die Zusatzprüfungen bei der IHK ablaufen, das hat mir sehr geholfen. Am wichtigsten finde ich aber, dass wir mehr als Kolleginnen zusammengearbeitet haben und ich nie das Gefühl hatte, dass ich „nur“ die Auszubildende bin. Ich habe sehr schnell die Verantwortung für eigene Aufgaben und eigene Projekte übernehmen dürfen. 

Frau Wimmer, dass Ihre Auszubildende einen Abschluss als Bundesbeste hinlegt, hätten Sie das erwartet? Was hat Frau Nachtmann denn besonders „richtig“ gemacht?

Stefanie Wimmer: Nun erwartet haben wir das nicht, aber dass sie ein tolles Ergebnis erreichen würde, das zeigte sich schon von Anfang an. Maria hatte vor ihrer Ausbildung bereits ein Schülerpraktikum bei uns absolviert. In der einen Woche haben wir schon einen super Eindruck von ihr gewinnen können. Daher hat es uns wirklich sehr gefreut, dass sie sich dann für die Ausbildung bei uns beworben hat. Maria war von Anfang an sehr motiviert und sie hat eine tolle Auffassungsgabe. Es war zu jeder Zeit klar, dass sie das, was sie macht, auch von ganzem Herzen machen WILL. 

Frau Nachtmann, woher stammt dieser Wille?

Maria Nachtmann: Ich würde über mich selbst sagen, dass ich schon immer ein sehr ehrgeiziger und zielstrebiger Mensch war. Außerdem wollte ich nach der Schule erst einmal Praxiserfahrungen sammeln. Von meinen Eltern habe ich hierfür viel Unterstützung und Zuspruch erhalten.

Noch während der Schule wurde ich dann auf die Lindner Unternehmensgruppe aufmerksam, als Frau Nussbaumer, unsere Ausbildungsleiterin, bei einer Informationsveranstaltung über die Ausbildung zur Eurokauffrau informierte. Sie hat diese Möglichkeit allen ans Herz gelegt, die in ihrem Berufsleben ihre fremdsprachlichen Fähigkeiten anwenden und ausbauen wollen, das hat mich angesprochen. Das Unternehmen hat mit seinen internationalen Geschäftsaktivitäten viel zu bieten und als ich während meines Praktikums meine jetzigen Kolleginnen und Kollegen sowie die Aufgaben näher kennenlernen konnte, war mir endgültig klar: Das ist mein Weg. Es hat für mich alles zusammengepasst, daher mein Wille und meine Begeisterung für diese Ausbildung. 

Aber Sie hätten auch ein Studium beginnen können …

Maria Nachtmann: Die Möglichkeit habe ich ja immer noch. Ich fand es für meinen ersten Schritt nach dem Abi spannender, erst einmal in der Praxis zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. So bekomme ich automatisch auch einen anderen Blick dafür, welches Studium überhaupt das richtige für mich ist. Vielleicht entscheide ich mich auch für einen Abschluss der Höheren Berufsbildung, mal sehen, ich habe durch meine Ausbildung ja nun mehr Möglichkeiten und nicht weniger.

Frau Wimmer, Frau Nachtmann hat hervorgehoben, dass sie es gut fand, schon recht früh und dann immer mehr Verantwortung übernehmen zu können. Kommt damit Ihr besonderes Ausbildungskonzept zum Vorschein?

Stefanie Wimmer: Ich denke, es ist ein Leitgedanke, den wohl die meisten Ausbilderinnen und Ausbilder so sehen: Wir möchten, dass unsere Auszubildenden Verantwortung übernehmen. Also müssen wir sie ihnen auch geben. Wir müssen ihnen vertrauen, dass sie die Aufgaben schaffen und auch gut erfüllen. Entscheidend sind das Tempo und das Maß an Verantwortungszuwachs. 

In unserer Abteilung der Organisationsentwicklung sind wir ein kleines, fast schon familiäres Team. Bei uns beginnt die Übernahme von Verantwortung schon sehr früh in der Ausbildung mit ersten kleinen eigenen Aufgaben. Wenn es gut läuft, wird es, abgestimmt auf den Ausbildungsplan, mehr und mehr und mehr ...

Zudem muss man sich die Frage stellen: Passen die gegenseitigen Erwartungen zueinander und wie werden sie erfüllt? – Diese Fragen haben eine sehr große Bedeutung für den Erfolg der Ausbildung und dafür, ob Begeisterung für den Beruf und für die Aufgaben in der Abteilung entsteht. So gesehen entscheidet sich an diesen Fragen während der Ausbildung die spätere Bindung ans Unternehmen.

Auch aus diesem Grund ist es daher unser Ziel und in dem Sinne auch unser „besonderes“ Konzept, mit unseren Auszubildenden so früh wie möglich ein echtes kollegiales Miteinander zu entwickeln. Wir wollten Maria nicht „nur“ fachlich gut ausbilden, wir wollten sie als Kollegin für unser Team gewinnen. Wir sind sehr glücklich, dass Maria jetzt bei uns in der Organisationsentwicklung arbeitet – erstes Ziel erreicht, jetzt nehmen wir uns gemeinsam das nächste vor.

Können Sie Ihre Erwartungen noch konkreter formulieren?

Stefanie Wimmer: Wir erwarten vor allem Lernbereitschaft und Offenheit. Wir bearbeiten so viele unterschiedliche Projekte, da ist jeder Tag anders. Darüber hinaus erwarten wir, dass unsere Auszubildenden bereit sind, diese Herausforderung anzunehmen und natürlich über den notwendigen Teamgeist verfügen. Alles andere zeigt sich im Laufe der Ausbildung, aber klar: Wir wollen auch Fortschritte sehen.

Und wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden? Was tun Sie dann?

Stefanie Wimmer: Dann muss man ehrlich miteinander umgehen und man darf nicht ewig warten. Ich suche lieber früher als später das offene Gespräch, um zu klären, woran es liegt. Vielleicht fühlt sich jemand mit anderen Aufgaben wohler und ist dann auch in einer anderen Abteilung besser aufgehoben. Das ist doch schon ein positives Ergebnis, wenn man gemeinsam herausfindet, wo sich im Unternehmen eine passendere Startposition für den Berufseinstieg und den weiteren Weg befindet. Unser Unternehmen bietet hier zahlreiche Möglichkeiten. 

Frau Nachtmann, wie stand es denn, als Sie noch Auszubildende waren, um Ihre Erwartungen an die Ausbildung und an das Unternehmen?

Maria Nachtmann: In jedem Falle war mir wichtig, dass ich gute Kollegen habe und in ein Team komme, in dem alle zusammenhalten. So hatte ich es bei meinem Praktikum erlebt und deshalb wollte ich auch in genau diese Abteilung. Außerdem denke ich, dass Ausbilderinnen und Ausbilder erkennen sollten, dass nicht jeder bzw. jede Auszubildende gleich ist. Wir alle haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Das sagt sich zwar einfach, aber es sollte auch in der Praxis der Ausbildung anerkannt werden. Ich freue mich darüber, dass dies bei mir der Fall war.

Und noch eine Erwartung hatte ich an mich selbst und an meine Ausbildung, die mir sehr wichtig war und auch weiterhin wichtig ist. Ich wollte, dass ich am Ende mit Stolz sagen kann: „Ich bin bereit für das Berufsleben!“ 

Mit einer Ausbildung kann man etwas, deshalb verdient die Berufsausbildung eigentlich mehr Wertschätzung in der Gesellschaft. Man legt mit einer Ausbildung den Grundstein seiner Karriere, darauf kann man aufbauen. Ob Studium oder Ausbildung, es gibt keinen besseren oder schlechteren Weg, sondern jeder muss für sich selbst den besten finden und eben auch selbst gehen. 

Frau Nachtmann, Frau Wimmer, ein besseres Schlusswort kann man sich eigentlich nicht wünschen. Herzlichen Dank dafür, dass Sie Ihre Erfahrungen und Perspektiven mit uns geteilt haben!!
 

Zur Person

Maria Nachtmann

  • Jahrgang 2002
  • Abitur 2020
  • Start der Ausbildung zur Eurokauffrau 2020 bei der Lindner Group KG, Arnstorf
    Bei der Ausbildung zur Eurokauffrau handelt es sich um eine sog. doppelt qualifizierende Ausbildung. Sie besteht aus einer anerkannten kaufmännischen Ausbildung, im Falle von Frau Nachtmann zur Industriekauffrau, und einer kammerrechtlich geregelten Zusatzqualifikation „Eurokaufmann/-kauffrau“. Zusätzlich zu den kaufmännischen Grundlagen im Rahmen der Ausbildung zur Industriekauffrau, werden hier auch Fremdsprachenkenntnisse und weitere Fertigkeiten vermittelt.  
  • Abschluss der Ausbildung als Bundesbeste Industriekauffrau 2023
  • Seitdem tätig als Organisationsentwicklerin in der Abteilung Organisation Development and Consulting bei der Lindner Group KG
     

Stefanie Wimmer

  • Jahrgang 1991
  • Abitur 2010
  • 2010 bis 2013 Ausbildung zur Eurokauffrau bei der Lindner Group KG, Arnstorf
  • 2013 bis 2023 Organisationsentwicklerin in der Abteilung Organisation Development and Consulting bei der Lindner Group KG
  • 2019 Abschluss des berufsbegleitenden Studiums „Bachelor of Arts – Betriebliches Management“
  • 2020 Abschluss der Ausbildereignungsprüfung
  • Seit 2024 Gruppenleiterin in der Abteilung Organisation Development and Consulting bei der Lindner Group KG
     

Zum Unternehmen
Die Lindner Group KG zählt zu Europas führenden Komplettanbietern für Innenausbau und Gebäudehülle, Gebäudetechnik und Isoliertechnik für Neubau, Umbau und Sanierung. Das Portfolio der Dienstleistungen und Produkte umfasst alle Leistungsphasen des Bauprozesses, vom Entwurf und der Planung über die Realisierung und Montage bis zu den nachfolgenden Services. Das Familienunternehmen engagiert sich unter anderem für die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit und ist beispielsweise Cradle to Cradle zertifiziert. Stammsitz des Unternehmens ist das bayerische Arnstorf. Rund 7.500 Mitarbeitende arbeiten in Produktionsstätten und Tochtergesellschaften in mehr als 20 Ländern.
Weitere Informationen finden hier 
 

Interviewreihe "Bundesbeste Auszubildende und ihre Ausbilderinnen bzw. Ausbilder"

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