Einer der besten Ausbilder
Jedes Jahr nach den Abschlussprüfungen zeichnet der DIHK in Berlin Deutschlands beste Auszubildende der IHK-Berufe aus. Doch zu jeder und jedem besten Auszubildenden gehört auch eine beste Ausbilderin oder ein bester Ausbilder. Maik Leipold ist einer von ihnen. Für die HABA FAMILYGROUP in Bad Rodach bei Coburg bildete er 2020 zum achten Mal Deutschlands besten Holzmechaniker aus.
Herr Leipopld, Sie sind einer von Deutschlands und somit natürlich auch von Bayerns besten Ausbildern. Was machen Sie Ihrer Meinung nach richtig, sodass Ihre Auszubildenden so erfolgreich sind?
Maik Leipold: Tatsächlich ist das ja die Leistung der Auszubildenden. Ich bzw. besser: unser Ausbildungsteam hier im Unternehmen, wir schaffen dafür nur die richtigen Bedingungen. Grundsätzlich mag ich einfach die Arbeit mit den Jugendlichen und ich finde, dass man als Ausbilder oder Ausbilderin ein tolles, abwechslungsreiches Aufgabengebiet hat, das handwerklich, technisch und kaufmännisch alles abdeckt. Ich habe Holzmechaniker auch hier im Betrieb gelernt und konnte viel mitnehmen, um die Ausbildung weiterzuentwickeln und meine eigenen Ideen einzubringen.
Und offensichtlich hat das funktioniert.
Ich glaube die Voraussetzung für diesen Erfolg sind motivierte Auszubildende. Deshalb verstehe ich mich auch weniger als Ausbilder im traditionellen Sinne, sondern mehr als Trainer oder Coach. Die Jugendlichen müssen merken, dass man ihnen vertraut, dass sie gehört werden und mitbestimmen können. Bei einem Arbeitsauftrag sollte man zum Beispiel nicht gleich noch jeden Schritt im Detail vorgeben, sondern zuerst die Ideen der Azubis einsammeln und ihre Kreativität fordern. Ich bin immer wieder aufs Neue überrascht, wie viele gute und innovative Ideen die Auszubildenden haben.
Eine weitere wichtige Voraussetzung besteht meiner Meinung nach in der sehr engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Berufsschule. Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit den Lehrerinnen und Lehrern, um immer auf dem aktuellen Stand zu sein. Die Berufsschule hat sicher ihren Anteil an unserem Erfolg, genauso wie die vielen weiteren an der Ausbildung Beteiligten innerhalb und außerhalb der HABA FAMILYGROUP.
Wie viel können Ausbilder Ihrer Meinung nach bewirken und wo kommt es eher auf die Azubis an?
Nun, die Ausbildungsinhalte stehen ja fest. Von den Ausbilderinnen und Ausbildern muss eine Struktur kommen, wie die Inhalte vermittelt werden. Hierbei sind meiner Meinung nach klare Regeln und Standards wichtig, die im Unternehmen gelebt werden. Jeder Auszubildende hat bei uns zum Beispiel seine eigene Werkbank bei der jedes Werkzeug seinen festen Platz hat. Diese Ordnung halten wir alle in der Ausbildung und in der gesamten Produktion ein. Die Azubis merken: „Das ist dem Unternehmen wichtig und das ist auch für die Arbeit sinnvoll!“ Es gibt natürlich Unterschiede. Dem einen fällt das leichter als dem anderen, da merke ich, dass klare Strukturen in manchen Elternhäusern nicht mehr so selbstverständlich sind, wie es früher einmal der Fall war. Die Jugendlichen bringen vieles unbewusst von zu Hause mit. Wir müssen ihnen durch positive Erfahrungen vermitteln, dass hier unsere Standards gelten und nicht ihre – nicht als Missionierung, das geht schief, sondern als sinnvolle Veränderung für ihre berufliche Zukunft.
Was die Auszubildenden angeht: Wir legen hier viel Wert auf Lernbereitschaft und Zuverlässigkeit. Alle meine Azubis haben eine Bringschuld beispielsweise was das Azubiheft angeht. Auch wenn das bei uns per App geführt wird, will ich nicht danach fragen müssen, sondern es zu verbindlich vereinbarten Terminen vorgelegt bekommen. Allerdings ist klar, dass als erstes ich dafür sorgen muss, dass bei meinen Auszubildenden echte Leidenschaft für ihren Beruf und Identifikation mit dem Unternehmen entsteht, das sehe ich als die eigentliche Herausforderung.
Und wie schaffen sie das?
Wie gesagt, vieles hängt daran, den Auszubildenden Schritt für Schritt immer mehr Selbstständigkeit zuzutrauen und ihnen eben nicht alles vorzukauen. Sie sollen ihre eigene Problemlösungskompetenz entwickeln und dazu brauchen sie auch die Freiheit, Dinge auszuprobieren. Natürlich muss man Auszubildende im ersten Lehrjahr mehr begleiten und aktiver führen, für die plane ich am meisten Zeit ein. Im zweiten und erst recht im dritten Lehrjahr nehme ich mich aber immer mehr zurück, die Ausbildung wird eher zur Lernbegleitung oder einem Ausbildungscoaching.
Sehr gute Erfahrungen haben wir außerdem mit unserem Patenmodell gemacht. Jeder Azubi im zweiten Lehrjahr betreut einen Azubi im ersten Lehrjahr. Es gibt wöchentlich wechselnde Zusatzaufgaben, die die Auszubildenden zu erfüllen haben. Die Patin oder der Pate schaut danach, dass der Azubi im ersten Lehrjahr die Aufgaben erfüllt und lernt dabei, Verantwortung zu übernehmen. Dieses Delegieren von Azubi zu Azubi fördert die Selbstständigkeit und entlastet mich als Ausbilder, da die sich untereinander zeigen, wie es geht und worauf zu achten ist. Alles zusammen führt dann zu der fachlichen Kompetenz und persönlichen Reife, die wir uns von unseren Nachwuchskräften wünschen. Manche kommen dabei so auf den Geschmack, dass sie am Ende Deutschlands beste Holzmechanikerin bzw. Deutschlands bester Holzmechaniker werden, da hat es mit der Leidenschaft für den Beruf wohl funktioniert (lacht).
Talente für die Ausbildung wollen zuerst einmal gefunden werden. Wie geht Ihr Unternehmen vor, um hier erfolgreich zu sein und sich ggf. auch von anderen Unternehmen zu unterscheiden?
Ein professionelles Ausbildungsmarketing wird heute immer wichtiger, um die „richtigen“ Kandidaten zu finden. Die Maßnahmen, die wir uns in diesem Bereich vornehmen, realisieren wir alle mit einem klaren Konzept, bei dem unsere Firmenphilosophie und unsere Werte rüberkommen. Wir sind wie andere Unternehmen auf Ausbildungsmessen vertreten, in diesem Jahr eben digital. Zwei meiner Auszubildenden stellen ihre Ausbildung bei uns als AzubiScout an Schulen vor [mehr Informationen zum Projekt IHK AusbildungsScouts finden Sie hier] und wir versuchen, in vielen Schulen mit Praktika oder Projekten wie Bewerbungstrainings immer wieder präsent zu sein. Wir wollen also den Namen unseres Unternehmens aktiv in die Schulen tragen und frühzeitig von den Schülerinnen und Schülern als attraktives Unternehmen wahrgenommen werden.
Für mich ist aber neben den einzelnen Maßnahmen etwas anderes genauso wichtig. Nämlich, dass ich in jedem Ausbildungsjahrgang eine gute Mischung hinbekomme. Ich möchte Auszubildende verschiedener Jahrgänge, ich möchte Jungs und Mädchen, ich möchte Gymnasiasten, Realschüler und Hauptschüler, und Jugendliche mit Migrationshintergrund sind bei uns ebenfalls selbstverständlich herzlich willkommen!
Die Verschiedenheit untereinander setzt viel mehr Produktivität und Dynamik in der sozialen Entwicklung frei, als der eine gleiche Ideal-Typ von Azubi, den bzw. die es am Ende so gar nicht gibt. In der Berufsschule liegt ein Azubi mit Abitur vielleicht vorne, an der Werkbank hat dagegen ein Azubi mit Haupt- oder Realschulabschluss den Bogen oft schneller raus und versteht, wie die Sache anzupacken ist. Deshalb versuchen wir, uns in vielen verschiedenen Schulen zu zeigen und viele verschiedene Jugendliche dazu zu bewegen, sich bei uns zu bewerben. Ich glaube, dass die Suche nach den richtigen Talenten fürs Unternehmen vor allem eine Suche nach Menschen ist, die das entstehende oder schon vorhandene Team bereichern.
Natürlich gibt es auch Probleme im Ausbildungsalltag. Welche „Fehler“ unterlaufen Ausbilderinnen und Ausbildern Ihrer Ansicht in der Praxis am häufigsten?
Fehler entstehen eigentlich meistens durch Missverständnisse zwischen Ausbilderin bzw. Ausbilder und Auszubildender bzw. Auszubildendem. „Klar für den Ausbilder“ heißt eben nicht automatisch „klar für den Azubi“. Man darf sich als Ausbilder, glaube ich, zu keiner Zeit dafür zu Schade sein, aktiv nachzufragen, ob die eigene Botschaft angekommen ist und wie sie angekommen ist. Die Jugendlichen wollen in ihre Belange nicht nur formal, sondern mental einbezogen werden. Man muss gemeinsam zu einer Lösung kommen und jederzeit ein offenes Ohr haben. Wichtig ist schließlich noch, dass die Ausbildungsbeauftragten in den verschiedenen Unternehmensabteilungen sowie die anderen Ausbilderinnen und Ausbilder alle das gleiche Verständnis der Ausbildungsstandards in den drei Lehrjahren haben. Auch das gilt es zu koordinieren.
Gibt es noch etwas, was Sie oder die Ausbildung bei HABA besonders macht?
In der Tat! Wir veranstalten jedes Jahr Anfang September mit allen neuen und schon fortgeschrittenen Auszubildenden aus allen unseren zehn Ausbildungsberufen unsere Kennenlerntage mit einer Übernachtung. Wir sind dann mit etwa 70 Personen unterwegs, zum Beispiel in einer Jugendherberge. Vor Ort gibt es dann Programmpunkte zum Teambuilding, Gruppenarbeiten und Anregungen, um sich ganz besonders auch berufsübergreifend persönlich kennenzulernen. Wir in der HABA FAMILYGROUP wollen, dass die Auszubildenden im Unternehmen sich untereinander austauschen. So entstehen auch praktische Fahrgemeinschaften oder Verabredungen zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten und nebenbei wächst das Verständnis und die Identifikation mit dem Unternehmen.
Aus meiner Sicht passiert noch etwas ganz Wichtiges während der beiden Tage: Wir nehmen gerade den neuen Auszubildenden die Aufregung oder manches Mal auch Ängste, wie ihr neuer Lebensabschnitt wohl werden wird. Deshalb brauchen wir die Übernachtung, denn abends, wenn das offizielle Programm abgeschlossen ist, entfalten sich die Jugendlichen unter sich. Das findet nicht wie sonst zu Hause oder an den gewohnten Orten mit den alten Freunden statt. Die Auszubildenden erleben, dass hier für sie etwas Neues beginnt, das richtig viel Spaß macht. Mit Freude in die Ausbildung zu starten und vom ersten Tag an zu merken, „die nehmen mich ernst, meine Meinung ist gefragt und die trauen mir etwas zu“ – das ist die Initialzündung für leistungsbereite Auszubildende, die sich manchmal zu Deutschlands Besten entwickeln, in jedem Falle aber Topleute für unser Unternehmen sind.
Herr Leipold, ganz herzlichen Dank für das interessante Gespräch und weiterhin viel Erfolg für Sie und Ihre Auszubildenden.
Zur Person
Maik Leipold
- Jahrgang 1985
- 2004 Abschluss der Ausbildung zum Holzmechaniker bei der HABA-Firmenfamilie
- 2008 bis 2010 Weiterbildung zum Holztechniker
- Seit 2010 tätig als Ausbilder
- Heute: Leiter der Ausbildung Produktion bei der HABA-Firmenfamlie
- Pro Ausbildungsjahr bildet Herr Leipold sechs Auszubildende zur/zum Holzmechanikerin/Holzmechaniker aus. Darüber hinaus koordiniert er weitere Ausbildungsbeauftragte bzw. in der Ausbildung tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Zum Unternehmen
Die HABA FAMILYGROUP entwickelt, produziert und vertreibt seit mehr als 80 Jahren Produkte für Kinder, Familien sowie für Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Mit den Marken HABA, JAKO-O, FIT-Z, Qiéro!, Wehrfritz, project und der HABA Digitalwerkstatt bietet das Unternehmen Lösungen im Bereich Spielwaren, Möbel, Mode und Bildung. Aktuell beschäftigt das Familienunternehmen mit seinen verschiedenen Marken weltweit über 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Weitere Informationen unter: https://habafamilygroup.com/de