Mitarbeiterbefragung 1/4 – Wozu überhaupt?

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Mitarbeiterbefragungen sind mit Blick auf die Unternehmenssteuerung und Personalarbeit ein gutes Instrument, um zum Beispiel

  • die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern und damit
  • Beschäftigte noch besser ans Unternehmen binden bzw. drohende Abwanderungstendenzen gezielt stoppen zu können,
  • Impulse zu gewinnen, wie die Attraktivität des Unternehmens für neue Bewerberinnen und Bewerber sowie für Auszubildende und Nachwuchskräfte gesteigert werden kann,
  • den Erfolg von Umstrukturierungen zu überprüfen oder
  • zusätzliche Orientierung für die Weiterentwicklung des Unternehmens zu erhalten.
     

Je nach Zielsetzung(en) liegen die Schwerpunkte jeder Befragung jedoch anders. Die eine, alles umfassende Erhebung, mit der alle Fragen „in einem Rutsch“ exakt und detailliert beantwortet werden, gibt es nicht. Schließlich macht es enorme Unterschiede, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter danach gefragt werden,  

  • wie sie als „interne Kunden“ das Unternehmen, die Qualität der Produkte/Dienstleistungen und die Marken- bzw. Unternehmenswerte einschätzen oder
  • wie sie in ihren jeweiligen Abteilungen das Arbeitsklima und die Führungskultur wahrnehmen oder
  • wie zufrieden sie mit den unternehmensweit geltenden Arbeitsbedingungen sind oder
  • welche Verbesserungswünsche/-vorschläge sie zum Beispiel für die Arbeitsorganisation, Arbeitszeitmodelle oder Weiterbildungsangebote haben oder

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Die Befragung durchzuführen, ist das eine, die schwierigere Arbeit findet jedoch schon vorher statt.

Unser wichtigster Praxistipp daher gleich zu Anfang: Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Vorbereitung und scheuen Sie sich nicht, hierfür Aufwand zu betreiben. Je sorgfältiger die Vorbereitung, desto aussagekräftiger die späteren Ergebnisse und desto höher der Nutzen der gesamten Maßnahme.

Und gleich noch ein Tipp: Noch mehr langfristigen Nutzen wird das Instrument Mitarbeiterbefragung schaffen, wenn Sie es als fortlaufenden Prozess von aneinander anknüpfenden Befragungen verstehen (zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken).

Schritt 1: Ziele priorisieren und fokussieren

Welche Ziele wollen Sie durch Ihre Mitarbeiterbefragung überhaupt erreichen?

Diese Frage hat es in sich. Stellen Sie die Frage deshalb zunächst einmal zurück und überlegen Sie als erstes: In welcher Hinsicht kommt es für unser Unternehmen ganz besonders auf die Mitarbeitenden an? Vielleicht denken Sie spontan an die Produkt- und Produktionsqualität oder an die Innovationsfähigkeit, an die Kundenzufriedenheit, an die Leistungsbereitschaft oder an den internen Zusammenhalt?

Sammeln Sie im Kreis der Entscheiderinnen und Entscheider die Antworten und stimmen Sie in diesem Kreis auch gleich eine Priorisierung ab, zum Beispiel: (1) Innovationsfähigkeit, (2) Leistungsbereitschaft, (3) fachliche und soziale Kompetenzen.

Nun wieder zurück zur ursprünglichen Frage nach den Zielsetzungen Ihrer Mitarbeiterbefragung. Diese können Sie nun in eine Zielvorgabe umformulieren:

Wir wollen durch die Mitarbeiterbefragung mehr Klarheit darüber gewinnen,

  • wie es aus Sicht unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei uns aktuell um (1), (2), (3) bestellt ist. [=Status quo Erhebung]
  • was wir (ggf. auch aus Sicht unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) tun können, um (1), (2), (3) zu verbessern. [=operative/strategische Schlussfolgerungen]

Klar ist: Je mehr Themen Ihre Zielvorgabe einschließt, desto umfassender wird Ihre Mitarbeiterbefragung werden. Je umfangreicher jedoch die Befragung, desto aufwändiger werden auch die Entwicklung der einzelnen Fragen sowie der Zeitaufwand, den die Beschäftigten in die Beantwortung stecken müssen, und nicht zuletzt die spätere Auswertung.

Klar ist zudem: Fragen Sie nur die Punkte ab, zu denen Sie tatsächlich auch eine ehrliche Antwort hören wollen. Denn werden genau diese kritischen Punkte später totgeschwiegen, wird die nächste Umfrage in Ihrem Unternehmen zum Scheitern verurteilt sein.

Kurz gesagt: Weniger ist mehr! – Führen Sie dafür lieber öfter kleinere Befragungen durch, denn schon das Erleben „immer mal wieder gefragt zu werden“ steigert die Verbundenheit der Mitarbeitenden zu „ihrem“ Unternehmen mehr als eine Großaktion.

Tipp: Manchmal muss es nicht gleich „das große Besteck“ sein, wie es Thema dieser 4-teiligen Artikelreihe ist. Um den Dialog mit den Mitarbeitenden zu intensivieren und zusätzliche Möglichkeiten der Mitsprache zu schaffen, können auch kleinere ggf. auf einzelne Unternehmensbereiche oder Abteilungen begrenzte (Online-)Befragungen und (Online-)Votings zu konkreten Fragen ein geeignetes Mittel sein.

Schritt 2: Die Umsetzung planen

Wenn es noch nicht geschehen sein sollte, ist spätestens jetzt der richtige Zeitpunkt, die Geschäftsleitung mit in das Vorhaben „Mitarbeiterbefragung“ einzubeziehen. Warum? Weil nicht nur die erarbeitete Zielvorgabe, sondern auch die Übersetzung in die einzelnen Fragen und die Nutzung von Ressourcen beispielsweise der IT-Abteilung unbedingt die Akzeptanz und am besten die aktive Unterstützung der obersten Entscheidungsebene erfordern.

Beispiel:Nehmen wir an, eine Befragung soll die Zufriedenheit der Beschäftigten mit der Führungskultur und den Arbeitsbedingungen feststellen. Das operative Ziel lautet, geeignete Maßnahmen zu identifizieren, mit denen die Zufriedenheit verbessert werden kann. Ist die Geschäftsleitung in dieser Frage nicht für alle Ergebnisse, auch kritische, offen, wird das Ziel „wirkungsvolle Maßnahmen zu Stärkung der Mitarbeiterbindung“ kaum erreicht werden. Vielleicht gibt es Maßnahmen, doch im schlimmsten Falle empfinden die Mitarbeitenden diese am Ende als „reine Kosmetik“, was zu einer Verschlechterung der Bindung führen kann.

Tipp:Beziehen Sie die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der personell stärksten Bereiche bzw. Abteilungen frühzeitig in die Konzeption der Mitarbeiterbefragung ein. Achten Sie bei der Ausarbeitung der Fragen darauf, ergebnisoffen zu bleiben.

Welche Aspekte sollten noch bei der Planung, Durchführung und Auswertung einer Mitarbeiterbefragung beachtet werden? Die wichtigsten Aspekte finden Sie in der vorliegenden Praxishilfe (zum Öffnen bitte auf das Bild klicken)..

Die nächsten Schritte

Die erste Herausforderung ist geschafft, Sie haben Ihre Ziele konkretisiert und Sie besitzen Orientierung, welche Vorbereitungen für die Durchführung getroffen werden sollten.

Parallel dazu geht es nun auch schon darum, einen maßgeschneiderten Fragebogen zu erstellen. Zu diesem Schritt haben wir einen eigenen anknüpfenden Artikel mit einer eigenen Praxishilfe für Sie erstellt: Mitarbeiterbefragung 2/4 – kluge Fragen stellen.

Im Artikel Mitarbeiterbefragung 3/4 – einfach machen beleuchten wir schließlich, worauf es bei der eigentlichen Durchführung ankommt.

Abschließend beschäftigen wir uns im Artikel Mitarbeiterbefragung 4/4 – Antworten interpretieren mit den Herausforderungen, die bei der Auswertung ihrer Befragungsergebnisse zu beachten sind.

Erstes Fazit

Eine Mitarbeiterbefragung ist ein mächtiges Instrument, um die interne Effizienz und Leistungsbereitschaft zu sichern oder sogar zu steigern, um Fachkräfte zu binden und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, um die Attraktivität als Arbeitgeber für zukünftige Fach- und Führungskräfte weiterzuentwickeln …

Aber: Mit Sicherheit ist eine Mitarbeiterbefragung nicht mal schnell und nicht mal eben nebenbei gemacht. Wenn Sie sich eine Mitarbeiterbefragung vornehmen, bedeutet das viel Arbeit für Sie, Zeitaufwand für die Geschäftsführung und eine Menge Diskussionen im Kreis der Führungskräfte.

Andererseits: Es lohnt sich! Denn Sie können mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur besser werden, auch und gerade, wenn die Befragung kritische Punkte ans Tageslicht bringt. Deshalb gilt: Wenn Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befragen, dann bitte richtig, sonst machen Sie mehr kaputt, als Sie an Nutzen erzielen. Es „richtig“ zu machen, bedeutet vor allem:

  • im Einvernehmen mit der Geschäftsführung und den wichtigsten weiteren Führungskräften der personell stärksten Abteilungen
  • in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung
  • datenschutzkonform
  • mit gründlicher konzeptioneller Vorbereitung
  • mit ausreichenden Ressourcen (insbesondere eigene Arbeitszeit und Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung und/oder externen Partnern)
  • mit der Offenheit, die Ergebnisse anzunehmen und das Beste aus Ihnen zu machen, im Interesse des Unternehmens und seiner Beschäftigten – Mitarbeiterbefragungen sind ein Bestandteil der Personalarbeit par excellence.

Packen Sie es an, wer nicht fragt, der nicht gewinnt – das BIHK-Lernreich gibt Ihnen das nötige Know-how mit auf den Weg.