Gelebte Werte sind Gold wert

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Diese Werte erscheinen in keiner Bilanz, aber sie sind für eine erfolgreiche Zukunft des Unternehmens ebenso entscheidend wie die Aktiva und Passiva. Die Rede ist von einem respektvollen Umgang miteinander – auch unter stressigen Arbeitsbedingungen, von Toleranz und Offenheit gegenüber Beschäftigten anderer Hautfarbe, Religion, kultureller Herkunft und sexueller Orientierung, von Rücksichtnahme auf unterschiedliche Lebenssituationen, von selbstverständlicher Hilfsbereitschaft untereinander und gegenseitiger Verantwortung für den gemeinsamen Erfolg – kurz: Die Rede ist von gelebten Werten im Arbeitsalltag.

Dass es sich dabei keineswegs um ein „nice to have“ handelt, sondern um einen sehr mächtigen Hebel, zeigt eine repräsentative Befragung junger Erwachsener in Bayern im Alter zwischen 16 und 26 Jahren, die das Wertebündnis Bayern gemeinsam mit der BRUNSWICK GROUP Ende November 2021 bereits zum zweiten Mal durchgeführt hat. Demnach besitzen Werte am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz nach Ansicht der Befragten einen hohen Stellenwert. Und: Das Arbeitsumfeld und der Kreis der Kolleginnen und Kollegen befinden sich heute in den inneren Kreisen der wertebildenden Institutionen, gleich nach den Eltern sowie dem eigenen Freundeskreis und noch vor der Schule oder Vereinen.
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Was bedeuten diese Umfrageergebnisse konkret? 

  • Jugendliche achten sehr genau auf die im Unternehmen gelebten Werte. Sie können ausschlaggebend dafür sein, sich für oder gegen einen Ausbildungsbetrieb zu entscheiden, und sie spielen eine große Rolle bei der Frage, ob es nach der Ausbildung im Ausbildungsbetrieb weitergehen soll oder vielleicht doch woanders. Ausbildung und Fachkräftebindung brauchen vereinfacht gesagt gelebte, das heißt erlebbare Werte.
     
  • Eine weitere Schlussfolgerung: Gelebte gemeinsame Werte zeichnen Unternehmen als attraktive Arbeitgeber aus. Ob es dabei um Nachhaltigkeit als Leitlinie für die Geschäftstätigkeit geht, um flexibles Arbeiten, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um ein besonderes Engagement für Integration im Betrieb, für die Stabilität der Demokratie, für die regionale Kultur oder den Kampf gegen die Armut … Die Gewinnorientierung allein ist potenziellen neuen Mitarbeitenden der nachrückenden Generationen immer öfter zu wenig. Ihnen geht es neben einem angemessenen Gehalt insbesondere um ein sinnerfülltes Arbeiten, um Fairness und Gerechtigkeit am Arbeitsplatz, um Teamgeist und Freude am eigenen Tun, kurz: Wertegeleitete Unternehmen entfalten Magnetwirkung auf dem Arbeitsmarkt, ein stetig wichtiger werdender Wettbewerbsvorteil.
     
  • Und noch eine Überlegung zur Bedeutung von Werten für die Wirtschaft: Unternehmen, die die Verantwortung für die Wertebildung (weiterhin) den Schulen oder Elternhäusern überlassen (wollen), machen es sich heute zu einfach. Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Personalverantwortliche sind mehr denn je gefordert, aktiv etwas für ein gemeinsames Wertefundament im Betrieb und im Arbeitsalltag zu tun. Damit ist jedoch mehr gemeint als das Aufhängen von Plakaten in Besprechungsräumen mit Ermahnungen wie: „Wir respektieren einander, pflegen einen höflichen Umgangston und lassen einander ausreden!“ Ebenso verfehlen auch Unternehmensleitbilder ihren Sinn, wenn hier lediglich Floskeln aneinandergereiht und die festgehaltenen Werte im Unternehmensalltag nicht gelebt werden: „Wir wollen Innovation und Kreativität fördern“ – tun es aber nicht. „Wir stehen für Verlässlichkeit“ – und deshalb bewegen wir uns keinen Zentimeter in Richtung der veränderten gesellschaftlichen Realitäten.
     

Ein erstklassiger Ansprechpartner für die Werte-Bildung

Gelebte Werte können nicht von oben „verordnet“ werden. Sie sind vielmehr das Ergebnis aktiver Arbeit am gemeinsamen Werteverständnis: Werte-Bildung. Doch was bedeutet das für die bzw. in der betrieblichen Praxis? „Wer sich diese Frage stellt, hat den entscheidenden ersten Schritt schon getan“, antwortet Andrea Taubenböck, Vorstand der Stiftung Wertebündnis Bayern, und ergänzt: „Alles beginnt damit, dass im Unternehmen über Werte nachgedacht und diskutiert wird. Zum Beispiel darüber, was Werte in verschiedenen Altersgruppen bzw. in der Gesellschaft insgesamt heute überhaupt sind und wie sie sich im Unternehmen widerspiegeln. Daraus ergeben sich Handlungsbedarfe und Ideen, was zu tun wäre. Schon dieser Reflexionsprozess, der gewollt und gefördert werden muss, schafft meist einen spürbaren Gewinn für das Miteinander, weil die Unternehmensleitung gemeinsam mit den Beschäftigten daran arbeitet, das Betriebsklima substanziell weiterzuentwickeln.“

Henrike Purtik, Referentin für Nachhaltigkeit und CSR beim Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK e. V.) weist auf eine weitere wichtige Rolle der Arbeit am gemeinsamen Werteverständnis für die Unternehmen hin: „Wenn wir den Wert der Beruflichen Bildung steigern und wieder mehr junge Menschen für die duale Ausbildung begeistern wollen, gehört dazu auch eine aktive Werte-Bildung nicht nur in den Schulen und Berufsschulen, sondern ebenso in den Unternehmen, im Prinzip also an allen Lernorten. Anstatt darüber zu klagen, dass es Jugendlichen oft an Werten wie Pflichtgefühl, Disziplin oder Respekt mangelt, sollten wir die Herausforderung annehmen und uns für eine moderne, zeitgemäße Werte-Bildung engagieren. Auch umgekehrt müssen die Verantwortlichen in der Ausbildung und in den Personalabteilungen sich klar darüber werden, dass für Jugendliche und junge Erwachsene heute andere Werte wichtiger geworden sind, zum Beispiel Teamgeist, Humor, Akzeptanz und Toleranz. Diese gegenseitigen Vermittlungsprozesse durch geeignete Projekte in Gang zu bringen und zu fördern, ist das Ziel des Wertebündnis Bayern, in dem sich die IHKs aktiv engagieren. Erfolgreiche Ausbildung beinhaltet auch Werte-Bildung.“

Hintergrund: Wer bzw. was ist das Wertebündnis Bayern?

Im Jahr 2010 gegründet und im Jahr 2015 zu einer vom Freistaat Bayern getragenen Stiftung ausgebaut, vernetzt das Wertebündnis Bayern heute rund 200 bayern- und zum Teil deutschlandweit agierende Vereine, Verbände und Organisationen – im Grunde das „Who is Who“ gemeinnütziger, sozial engagierter Akteure.

Der rote Faden der Netzwerkarbeit: die Initiierung lebensnaher Projekte, die Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Wert von Werten nahebringen. Dazu zählen beispielsweise Projekte zur politischen Bildung und Demokratieerziehung, zur Stärkung der Wertschätzung regionaler und nachhaltiger Lebensmittel, für die Förderung von Musik, Sport, Kunst und Kultur und nicht zuletzt für Integration, Antidiskriminierung, Klimaschutz und die Verbesserung von Ausbildungschancen. 

Mehr Informationen Wertebündnis Bayern

Wie können Unternehmen von der Arbeit des Wertebündnisses profitieren?

Schritt 1: Bedarf erkennen, Kontakt aufnehmen

Es kann viele Auslöser im Unternehmen geben, die darauf hinweisen, dass an der Werte-Bildung gearbeitet werden sollte. Vorfälle von Diskriminierung und Mobbing, politischer Extremismus, Konflikte zwischen den Generationen, mangelnde Partizipationsbereitschaft … solche und ähnliche Negativindikatoren belasten nicht nur das Arbeitsklima, sie wirken sich auch auf die Produktivität, Leistungsbereitschaft und Bindung aller Beschäftigten aus: Hier muss etwas getan werden.

Doch auch im positiven Sinne lohnt sich die Arbeit an der Werte-Bildung: Mehr Offenheit im Unternehmen für Vielfalt, ob es dabei um die Hautfarbe, um den religiösen oder kulturellen Hintergrund oder die geschlechtliche Orientierung geht, erhöht den Spielraum, neue Auszubildende sowie Fach- und Führungskräfte zu finden, und bereichert das Miteinander. Mehr Klarheit und Verbindlichkeit rund um einen wertegeleiteten Umgang miteinander, ungeachtet unterschiedlicher Hierarchiestufen, fördert das Vertrauen in eine gemeinsam erfolgreiche Zukunft im bzw. mit dem Unternehmen: Zuversicht ist die Grundlage für konstruktives Handeln. Ein gemeinsames Engagement möglichst aller Beschäftigten für eine über die Alltagsarbeit hinausgehende „gute Sache“ fördert den Zusammenhalt und bringt oft ungeahnte Fähigkeiten zum Vorschein …

Mit Blick auf die Angebote des Wertebündnis Bayern bestehen zwei Möglichkeiten:

  1. Verantwortliche eines Unternehmens erkennen einen konkreten Bedarf oder formulieren eine eigene Zielsetzung für die Arbeit an der Werte-Bildung und nehmen dann Kontakt mit ihrer IHK oder mit dem Wertebündnis auf.
     
  2. Verantwortliche lassen sich einfach einmal auf Ideen bringen und nehmen dazu Kontakt mit ihrer IHK oder mit dem Wertebündnis auf.
     

Schritt 2: Experten des Netzwerks hinzuziehen
Habt Ihr da schon etwas?

Über das einzigartige Netzwerk des Wertebündnis Bayern können geeignete Experten hinzugezogen werden, die entweder schon bestehende Projekte im bzw. mit dem Unternehmen durchführen oder ggf. ein neues, zielgerichtetes Projekt aufsetzen. Über die Stiftung kann ein gut konzipiertes und auf andere Unternehmen übertragbares Pilotprojekt oft sogar kostenfrei oder für eine geringe Aufwandsentschädigung realisiert werden.

Das Besondere am Wertebündnis Bayern ist hierbei, dass über die beteiligten Partner Zugänge zu allen Schulformen, zu allen Jugend-Milieus und zu einer Vielzahl branchenspezifischer Träger hergestellt werden können. Ein Blick auf die Liste der Bündnispartner zeigt: Hier stehen Experten und Partner für nahezu jeden Aspekt der Arbeit an Werten im Unternehmen zur Verfügung.

Schritt 3: Machen!

Klingt nicht nur „leicht gesagt“, ist es auch. Die Vielzahl der bereits durchgeführten Projekte zeigt immer wieder, dass die Durchführung zu einer wichtigen Eigendynamik führt. Auszubildende fühlen sich auf neue Weise wertgeschätzt, Ausbildende finden neue Zugänge zur jungen Generation, beide Seiten wollen das von sich aus fortsetzen und festigen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschreiten neue Wege, füreinander da zu sein, und werden auf einmal neugierig darauf, mehr vom „Anderen“ oder „Fremden“ zu erfahren. Das Unternehmen und seine Beschäftigten erleben, wie wertvoll es ist, sich über die eigenen Werte zu verständigen und an gemeinsamen Werten zu arbeiten.

Beispiel 1

Die Stadtsparkasse München wollte ihren besten 20 Auszubildenden ein besonderes Incentive bieten und führte dazu mit ihnen im Dezember 2022 einen Kurs im Zusammenhang mit dem Bildungsprogramm „mehrWERT Demokratie“ durch. Träger von mehrWERT Demokratie ist der Wertebündnispartner Bayerisches Schullandheimwerk in Zusammenarbeit mit der Agentur „Valentum Kommunikation“. Ausgangspunkt des Kurses waren die Grundrechte und Werte unserer Demokratie, die in Beziehung zu den Unternehmenswerten der Stadtsparkasse gesetzt wurden. Die Begeisterung der Jugendlichen und die zusammen mit den Ausbildungsverantwortlichen evaluierten positiven Effekte für den Ausbildungsalltag führten dazu, dass eine Teilnahme an diesem Programm nun für alle rund 300 Auszubildenden fest eingeplant werden soll.

Beispiel 2

Auch die mittelfränkische Firma MEKRA Lang ermöglicht ihren Auszubildenden die Teilnahme am Bildungsprogramm „mehrWERT Demokratie“ und erreicht damit eine wertvolle Selbstvergewisserung der Jugendlichen über ihren Stellenwert in der Gesellschaft, ihre Partizipationsmöglichkeiten und die Bedeutung eines aktiven Eintretens zum Schutz unserer demokratischen Grundordnung. Im Kurzvideo erläutert die geschäftsführende Gesellschafterin Susanne Lang die Bedeutung, die der Demokratiekurs aus Ihrer Sicht für die Ausbildung in ihrem Unternehmen besitzt (ab Minute 1:59): „Für uns ist es nicht nur wichtig, dass die Jugendlichen eine fachlich gute Ausbildung bekommen, sondern auch eine Unterstützung beim Erwachsenwerden. Deshalb ist es uns wichtig, dass sie die demokratischen Werte kennenlernen und die Möglichkeit erhalten, für sich ihre Entscheidungen zu treffen –, denn für uns sind die ganz essenziell.“

Last but not least

Welches der vielen aktuell angebotenen Projekte für ein Unternehmen das richtige ist, um zeitnah zu starten, wie es ggf. noch spezifischer auf die betriebliche Konstellation zugeschnitten werden kann oder ob ein ganz eigenes, neues Projekt die optimale Maßnahme ist, das lässt sich am besten im Gespräch mit den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern direkt beim Wertebündnis Bayern, beim BIHK e. V. oder mit den Aus- und Weiterbildungsberaterinnen und -beratern Ihrer regionalen IHK herausfinden.

Eine einfache E-Mail oder ein Griff zum Telefon genügt, soviel sollten uns unsere Werte im Unternehmen wert sein.
Wie gesagt: Gelebte Werte sind Gold wert.

 

KONTAKTDATEN

Stiftung Wertebündnis Bayern
Prinzregentenstraße 24
80538 München
E-Mail: stiftung(at)wertebuendnis-bayern.de
www.wertebuendnis-bayern.de

Geschäftsführung der Stiftung Wertebündnis Bayern
Dr. Andrea Taubenböck
Telefon: +49 89 32493910-0
E-Mail: andrea.taubenboeck(at)wertebuendnis-bayern.de

Leitung der Geschäftsstelle
Ingrid Ritt
Telefon: +49 89 32493910-1
E-Mail: ingrid.ritt(at)wertebuendnis-bayern.de

 

BIHK e. V.

Dr. Henrike Purtik
Referentin für Nachhaltigkeit und CSR
Telefon: +49 89 5116-1105
E-Mail: Purtik(at)muenchen.ihk.de

 

Beratung vor Ort

Liste der Ausbildungsberatungen bei den bayerischen IHKs

 

Und noch ein allerletzter Hinweis: Immer wieder suchen Netzwerkpartner des Wertebündnisses auch Unternehmen, die bereit sind, neu entwickelte Projekte im Betrieb zu erproben und Feedback aus der Praxis zu geben. Neue Wege der Werte-Bildung im Unternehmen, es erwarten Sie viele spannende Ansätze.