Werte-Bildung: Mehrwert für die Ausbildung

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Die Stadtsparkasse München bildet in Spitzenzeiten bis zu 300 Jugendliche aus und stellt damit den größten Ausbildungsbetrieb unter den deutschen Sparkassen dar. Schon vor geraumer Zeit hat das Unternehmen erkannt, dass mit einer „Ausbildung nach Schema F“ weder leistungsbereite Schülerinnen und Schüler für die duale Ausbildung begeistert noch über die Ausbildung hinausgehende Bindungen geschaffen werden können. Azubi-Akquise und Fachkräftebindung brauchen Mehrwerte.

Ganz in diesem Sinne organisierten die für die Ausbildung Verantwortlichen gemeinsam mit Partnern des Wertebündnis Bayern den Projekttag „mehrWert Demokratie“, an dem im Dezember 2022 erstmals 20 Auszubildende teilgenommen haben. Die Begeisterung der Jugendlichen und die während des Projekttages erarbeiteten Ideen führten zu dem Entschluss: Diesen besonderen Tag der Werte-Bildung integrieren wir künftig fest in unsere Ausbildungspläne – für alle unsere Auszubildenden.

Wir wollte mehr über das Projekt, die Durchführung sowie die erzielten Ergebnisse erfahren und sprachen deshalb mit Michelle Heinrich, stellvertretende Bereichsleiterin Ausbildung und Ausbildungsreferentin, sowie Robert Wegmann, Leiter Ausbildung und Administration – Direktion Personal.   

 

Herr Wegmann, wie sind Sie auf das Projekt „Mehrwert Demokratie“ aufmerksam geworden?

Robert Wegmann: Eine Ansprechpartnerin der Stiftung Wertebündnis Bayern hat uns angesprochen und uns die Möglichkeiten einer Arbeit an der Werte-Bildung gemeinsam mit den Bündnispartnern, das heißt mit den von der Stiftung geförderten Projektträgern, erläutert. Das hat uns sehr gut gefallen, weil wir die Idee und die Intention für richtig und wichtig halten: Wir wollen unseren Auszubildenden nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern auch Werte.

Inwiefern hat denn die Demokratie etwas mit der Ausbildung bei der Stadtsparkasse München zu tun?

Michelle Heinrich: Die Frage ist durchaus berechtigt, denn das Projekt „mehrWert Demokratie“ zielt in der Grundkonzeption vor allem darauf, Jugendlichen die Bedeutung des Wertefundamentes unserer demokratischen Ordnung zu vermitteln. Darum wollten wir darüber hinaus, dass unsere Auszubildenden mit dem Projekttag auch die Werte unseres Unternehmens reflektieren. In Abstimmung mit den Trainern haben wir das Programm daher so angepasst, dass vormittags die Demokratie und ihre Werte im Fokus standen und nachmittags dann die Verbindung zu unseren Unternehmenswerten geschaffen wurde. 

Robert Wegmann: Der Projekttag sollte auch nicht abstrakt und theoretisch sein, sondern möglichst viele konkrete Anknüpfungspunkte für unsere Auszubildenden bieten. Sie sollten selbst aktiv sein und Ideen erarbeiten, wie wir unsere Werte im Beruf bzw. im Arbeitsumfeld konkret mit Leben füllen können. Die Ideen und Vorschläge wurden am Abend dann den Regionalleitern präsentiert und die wiederum waren so beeindruckt, dass die Gruppe ihre Vorschläge in Kürze sogar dem Vorstandsvorsitzenden präsentieren wird.

Das klingt nach einem großen Erfolg.

Robert Wegmann: In der Tat, es ist wirklich Beeindruckendes dabei herausgekommen und wenn man die leuchtenden Augen der Auszubildenden gesehen hat, dann weiß man, dass dieser Tag für sie etwas ganz Besonderes war. Ich bin überzeugt, dass diese Maßnahme der Motivation, sich für unser Unternehmen und für den eigenen Ausbildungserfolg zu engagieren, einen enormen zusätzlichen Impuls gegeben hat.

Michelle Heinrich: Jetzt kommt noch die Gelegenheit hinzu, die Ideen auch dem Vorstandsvorsitzenden präsentieren zu dürfen. Das ist eine große Auszeichnung und besondere Wertschätzung, die die Jugendlichen auch ohne große Worte wahrnehmen und sicher im Gedächtnis behalten.

Inwiefern konnten denn die Unternehmenswerte sozusagen in den Köpfen gefestigt werden?

Michelle Heinrich: In unserem Unternehmensleitbild haben wir fünf Grundwerte definiert:

  • Kundenorientierung
  • Leistung und Leidenschaft
  • Veränderungsbereitschaft und Innovation
  • Verantwortung und Vertrauen
  • erfolgreiches Miteinander
     

Die Jugendlichen haben sich an dem Tag erarbeitet, dass die Demokratie-Werte die Basis sind, auf der unsere Unternehmenswerte aufbauen. Verantwortung für die Demokratie und Verantwortung für die eigenen Aufgaben im Unternehmen, das geht Hand in Hand. Es ist ihnen klar geworden, wie wertvoll es für ihre persönliche Entfaltung ist, in einer Demokratie zu leben, und dass sich dieser Wert zum Beispiel in der Kundenorientierung und in der Veränderungsbereitschaft widerspiegelt. Jeder Kunde zählt und wir müssen uns immer wieder neu auf unsere Kunden einstellen, nicht die Kunden auf uns. 

 

Robert Wegmann: Es war beeindruckend, wie viele Details die Auszubildenden entdeckt haben, in denen es in ihrem Arbeitsumfeld auf gelebte Werte ankommt. Wir als Ausbildungsverantwortliche waren nur begleitend dabei und haben da nichts aktiv gesteuert. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass die jungen Menschen kreativer sind, als man denkt, und dass man sie einfach mal unvoreingenommen machen lassen muss. Im Endeffekt haben die Auszubildenden so etwas wie ihre eigene Werte-Antenne entwickelt und das halten wir nicht nur für sehr wertvoll, sondern mit Blick auf die Mündigkeit, die wir von unseren zukünftigen Fachkräften erwarten, unverzichtbar.

Nun wird manch einer vielleicht einwenden, dass die Auszubildenden ja einen ganzen Tag im Betrieb gefehlt und nicht gearbeitet haben.   

Michelle Heinrich: Es ist nicht so, dass die Jugendlichen nicht gearbeitet hätten, ganz im Gegenteil. Hier wurde mit solch einem Enthusiasmus diskutiert und so intensiv gearbeitet, dass wir mehrfach das Feedback erhalten haben: „Schade, dass der Tag rum ist, wir hätten noch viel mehr machen können…“  Diese Erfahrung des Miteinanders und des Etwas-auf-die-Beine-Stellens ist ein vielfach nachwirkender Lerneffekt, der die Auszubildenden stärkt und die innere Zustimmung zu ihrem gewählten Weg einer Ausbildung bei uns festigt.

Das heißt, Sie würden einen solchen Projekttag zur Motivation und natürlich auch zur Werte-Bildung eher empfehlen als lange Predigten der Ausbildenden gegenüber ihren Auszubildenden, richtig?

Robert Wegmann: In jedem Falle. Natürlich ist unsere Situation mit unseren vielen Auszubildenden eine andere als die vieler kleiner und mittlerer Unternehmen, die vielleicht vier oder fünf Auszubildende im Betrieb haben. Aber es können sich ja auch mehrere Unternehmen zusammentun und ihre Auszubildenden gemeinsam zu einem solchen Projekttag entsenden. Oder man stimmt sich mit der Berufsschule ab und die gesamte Klasse nimmt an dem Projekt teil. Letztlich muss man einfach mit den Ansprechpartnern des Wertebündnisses sprechen, wer will, kann mit ihnen zusammen auch eine maßgeschneiderte Lösung entwickeln.

Frau Heinrich, Herr Wegmann, das sind erstklassige Tipps für andere Ausbildungsverantwortliche und inspirierende Erfahrungen, von denen Sie berichtet haben. Ganz herzlichen Dank für diese Einblicke!


 

ZUM UNTERNEHMEN

Die Stadtsparkasse München versteht sich als DIE Bank für München und die Region. Das Unternehmen ist die größte Sparkasse Bayerns und die viertgrößte in Deutschland. Aktuell werden etwa 240 Jugendliche ausgebildet.

Zum Selbstverständnis der gemeinnützigen Sparkassen zählt neben einem umfangreichen Engagement für zahlreiche soziale, kulturelle, sportliche und nachhaltige Projekte auch ein bewusst wahrgenommener Bildungsauftrag für die eigenen Auszubildenden und Beschäftigten im Sinne des lebenslangen Lernens.