Zusatzqualifikationen: echtes „Win-Win“

PraxisArtikel

Für manche Auszubildende sind die theoretischen Inhalte ihrer Ausbildung nicht gerade eine Herausforderung. Im Großen und Ganzen zeigt sich: Wer sich bereits in der Schule durch gute Noten auszeichnen konnte, hat in der Regel auch an der Berufsschule keine unerwarteten Probleme – außer vielleicht, dass es gelegentlich etwas langweilig werden kann. Was liegt also näher, als den Jugendlichen, die mehr lernen könnten, auch passende zusätzliche Angebote zu machen? Die Rede ist von Zusatzqualifikationen während der Ausbildung.

Individuelle Förderung für (noch) mehr Erfolg

Ganz egal, ob eine Auszubildende oder ein Auszubildender zu den lernstarken Nachwuchskräften gehört oder nicht: Es ist immer sinnvoll, über individuelle Fördermöglichkeiten nachzudenken.

Bei den einen geht es darum, dass sie den Anschluss behalten und durch zusätzliche Förderung auch in den Bereichen Erfolge erzielen, in denen sie, warum auch immer, nicht so gute Leistungen erbringen, wie es wünschenswert wäre. Das Ziel individueller Förderung ist hier vor allem, Frustration und sinkendes Selbstbewusstsein zu reduzieren und am besten sogar umzukehren, damit die Freude an der Ausbildung bleibt und die Motivation, sich für einen erfolgreichen Abschluss ins Zeug zu legen, nicht nachlässt.

Und dann gibt es natürlich auch die anderen, bei denen es insgesamt von allein läuft. Solche Auszubildenden zu haben, ist für Ausbilderinnen und Ausbilder praktisch, denn um sie muss man sich keine „Sorgen“ machen. Weniger Arbeit beim Erklären, weniger Betreuungsaufwand, weniger Nachhaken, was will man mehr? Doch eine solche „Selbstzufriedenheit“ bringt das Risiko mit sich, die vollen Potenziale dieser Jugendlichen vielleicht gar nicht erst zu erkennen, geschweige denn, sie im Interesse des Unternehmens und der Jugendlichen selbst auszuschöpfen. Im schlimmsten Falle fühlen sich leistungsstarke Auszubildende latent unterfordert, gelangweilt und letztlich fehl am Platze. Dass sie sich über kurz oder lang dann doch eine andere Herausforderung suchen und ihre Ausbildung zum Beispiel zu Gunsten eines Studiums abbrechen, kommt dann eigentlich nicht überraschend.

Zusatzqualifikationen können eine sehr elegante Lösung für diese Herausforderung sein. Zudem stellen sie oft einen attraktiven Mehrwert dar, der für leistungsstärkere Jugendliche schon bei der Wahl ihres zukünftigen Ausbildungsbetriebes entscheidend sein kann. Die Aussicht, ausbildungsbegleitend an Zusatzqualifikationen teilnehmen zu können, sollte daher im Ausbildungsmarketing klar und deutlich kommuniziert werden. 

Warum Zusatzqualifikationen?

Es ist wichtig, die potenziellen Nutzen von Zusatzqualifikationen für beide Seiten, das heißt für die Auszubildende bzw. den Auszubildenden und für das Unternehmen zu sehen. 

Die/der Auszubildende

  • erfährt eine persönliche Anerkennung, die zusätzliche Motivation mit sich bringt.
  • erwirbt zusätzliche Kompetenzen, die – so sollte es wenigstens sein – für den späteren Beruf und für den Berufseinstieg im Unternehmen eine noch bessere Startposition bedeuten.
  • erweitert durch den zusätzlichen thematischen Input und das Lernen mit anderen Teilnehmenden (oft aus anderen Betrieben) ihren/seinen Horizont, was der persönlichen Entwicklung immer zuträglich ist.
  • entwickelt eine zusätzliche Bindung ans Ausbildungsunternehmen: Hier bin ich gut aufgehoben, hier kann ich weiterkommen.
     

Das Unternehmen

  • zeichnet sich als attraktiver Ausbildungsbetrieb aus (positive Unterscheidung von anderen Ausbildungsbetrieben).
  • profitiert von den erweiterten und/oder vertieften Kompetenzen der Nachwuchsfachkraft, indem ihr/ihm noch frühzeitiger noch verantwortungsvollere bzw. spezialisiertere Aufgaben übertragen werden können. 
  • profitiert von einer (noch) stärkeren Bindung der Auszubildenden in der Entscheidungsphase, wie und wo es nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung weitergehen soll. 
     

Welche Zusatzqualifikationen gibt es?

An sich ist der Begriff „Zusatzqualifikation“ rechtlich nicht geregelt. Das bedeutet, dass letztlich alle Maßnahmen, die in irgendeiner Weise dazu beitragen, dass Auszubildende über die geregelten Inhalte ihrer Ausbildung hinaus Kompetenzen erwerben, als Zusatzqualifikation gesehen werden können. Ob es sich um Fremdsprachlehrgänge, Trainings zum Umgang mit KI oder Seminare zur Förderung kommunikativer Skills handelt – entscheidend ist die Passung der Zusatzqualifikation zu den Interessen (bzw. Förderbedarfen) der/des Auszubildenden und den Anforderungen des Ausbildungsberufs im Unternehmen.

In einigen Ausbildungsberufen sind bestimmte Zusatzqualifikationen als sogenannte „kodifizierte Zusatzqualifikation“ in der Ausbildungsordnung verankert. Das bedeutet, dass es für diesen Beruf bereits empfohlene, über die Mindeststandards hinausgehende Qualifizierungsmaßnahmen gibt, die zugleich klar definierte Qualitätsstandards erfüllen. Die Teilnahme an einer solchen kodifizierten Zusatzqualifikation ist nicht verpflichtend, sondern wird von Ausbildungsbetrieb und Auszubildenden gemeinsam entschieden. Inhaltlich werden hier sehr gut zum Beruf passende Themen bearbeitet und Kompetenzen vertieft bzw. erweitert, die am Ende auch durch die jeweils zuständige Stelle, beispielsweise die IHK, mit einer bundesweit anerkannten Prüfung abgeschlossen und somit „amtlich“ dokumentiert werden. So können Auszubildende in vielen Metall- und Elektroberufen beispielsweise kodifizierte Zusatzqualifikationen in den Bereichen Systemintegration, Prozessintegration, additive Fertigungsverfahren oder IT-gestützte Anlagenänderung absolvieren – wer Berufe ausbildet, bei denen es kodifizierte Zusatzqualifikationen gibt, kennt die entsprechenden Optionen. Die Idee der kodifizierten Zusatzqualifikationen macht deutlich, worauf es bei der Auswahl von Angeboten ankommt. 

Eine als Zusatzqualifikation gedachte Maßnahme sollte

  • klare Bezüge zu den fachlichen und persönlichen Kompetenzen haben, die Auszubildende während ihrer Ausbildung erwerben und im späteren Beruf brauchen oder anders gesagt: Mit einer Zusatzqualifikation „Töpfern“ ist einer/einem Azubi im Beruf Automobilkaufmann/-frau nicht gedient.
  • grundlegende Qualitätskriterien rund um die Durchführung erfüllen, beispielsweise mit Blick auf die eingesetzten Trainerinnen bzw. Trainer und die zeitgemäße (technische) Ausstattung des die Qualifizierung durchführenden Anbieters.
  • am Ende mit einer idealerweise in der Branche auch anerkannten Validierung/Prüfung dokumentiert werden. 
     

So unterschiedlich wie die Berufsausbildungen und Auszubildenden sind, so unterschiedlich können somit auch potenziell in Frage kommende Zusatzqualifikationen sein. Auch deshalb empfiehlt es sich, dass Ausbildende und Auszubildende die Zielsetzungen und Möglichkeiten einer Zusatzqualifikation gemeinsam diskutieren und die passende Maßnahme auswählen – so erzielen beide Seiten den maximalen Nutzen.

Für alle, die am Ende dieses Artikels sofort zwei Vorschläge mitnehmen möchten, die für nahezu alle Unternehmen und so ziemlich alle Jugendlichen interessante Mehrwerte bieten, empfehlen wir an dieser Stelle zwei Artikel hier im BIHK-Lernreich:

Auszubildende als Energiescout (IHK) – eine Zusatzqualifikation, die sich für Unternehmen „richtig“ bezahlt macht.

Auszubildende als KI-Scout (IHK) – eine Zusatzqualifikation, die Tempo in die KI-Transformation der Unternehmen bringt.

Machen Sie die Ausbildung in Ihrem Unternehmen noch attraktiver: Mit Zusatzqualifikationen steht Ihnen ein breites Spektrum von Möglichkeiten zur Verfügung – sprechen Sie doch einfach einmal mit der Ausbildungsberatung Ihrer IHK!