IHK FOSA: Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse
In vielen Unternehmen und Branchen besteht Einigkeit: Ohne Zuwanderung kann der Fachkräftemangel nicht mehr behoben werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten oder aus den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) können in der Regel ohne Einschränkungen bzw. nur mit einer Aufenthaltserlaubnis eine Arbeit in Deutschland aufnehmen. Doch auch in vielen dieser Länder sind Fachkräfte heute Mangelware und die Anzahl derjenigen, die im Ausland Erfahrungen sammeln möchten, ist begrenzt.
Erfolgreicher kann die Fachkräftesuche in sogenannten „Drittstaaten“ sein, also in Ländern, die nicht zur EU oder EFTA zählen. Doch für diese Fachkräfte ist die Einreise nach Deutschland zum Beginn einer Beschäftigung nicht so einfach: Um ein Visum zum Arbeiten zu erhalten, müssen sie in der Regel zwei Punkte erfüllen:
- Sie müssen ein konkretes Jobangebot eines Arbeitgebers vorweisen können.
- Sie müssen über eine berufliche Qualifikation verfügen, die in Deutschland anerkannt ist bzw. einen Bildungsabschluss haben, der mit einem deutschen Bildungsabschluss vergleichbar ist.
Ausnahme
IT-Fachkräfte mit berufspraktischen Kenntnissen und Berufskraftfahrer aus Drittstaaten können unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne formale Anerkennung ihrer Qualifikation eine Beschäftigung in Deutschland aufnehmen.
Wer bestätigt die Vergleichbarkeit?
Für alle Berufsabschlüsse, die im Zuständigkeitsbereich der deutschen Industrie- und Handelskammern liegen, überprüft als zentrale Stelle die IHK FOSA (Foreign Skills Approval) mit Sitz in Nürnberg, ob im Ausland erworbene Qualifikationen mit den hier geltenden Referenzabschlüssen vergleichbar sind. Dies geschieht im sogenannten „Anerkennungsverfahren“ und endet im Regelfall nach drei bis vier Monaten mit einem „Gleichwertigkeitsbescheid“.
TIPP: Mit der Wahl des „beschleunigten Anerkennungsverfahrens“ kann die Frist auf maximal zwei Monate verkürzt werden.
Diese Verfahrensvariante kann jedoch nur der Arbeitgeber über die jeweils zuständige Ausländerbehörde beantragen, nicht die Arbeitskraft.
Um ein möglichst valides Urteil bei der Überprüfung der Gleichwertigkeit zu erhalten, prüft die IHK FOSA nicht nur die vorgelegten Unterlagen, sondern lässt auch andere Informationsquellen in ihre Beurteilung einfließen. Das können unter Umständen soagr Eigenrecherchen im Herkunftsland der bzw. des Antragstellenden sein. Berücksichtigt wird auch, ob Unterschiede bei der Ausbildung durch nachgewiesene Berufserfahrung oder durch Weiterbildungen ausgeglichen werden können.
Welche Ergebnisse sind möglich?
Zu jedem Antrag, der aufgeklärt werden kann und bei dem die bzw. der Antragstellende entsprechend mitgewirkt hat, gibt es am Ende einen offiziellen und rechtssicheren Bescheid. Dabei sind drei Ergebnisse möglich:
- Vollständige Gleichwertigkeit, wenn die ausländische Berufsqualifikation der deutschen Referenzqualifikation weitgehend entspricht.
- Teilweise Gleichwertigkeit, wenn noch wesentliche Unterschiede bestehen, jedoch ein Teil vergleichbar ist.
- Keinerlei Gleichwertigkeit, wenn keine Übereinstimmung festgestellt werden konnte.
Übrigens: Ein Bescheid der teilweisen Gleichwertigkeit ist nicht per se bzw. ausschließlich als "Defizit" zu verstehen. Immer wieder weichen nachgewiesene Qualifikationen zwar von der Referenzqualifikation in Deutschland ab. Faktisch stellen sie aber einfach nur eine andere, ggf. sogar modernere Ausrichtung der Kompetenzen im speziellen beruflichen Umfeld dar.
Warum den Aufwand betreiben?
Politisch betrachtet soll mit den Regelungen der Zuzug von nicht- bzw. geringqualifizierten Menschen in den EU-Binnenmarkt kontrolliert und die Substanz bestehender Qualifizierungsniveaus bzw. Berufsabschlüsse und -bezeichnungen gesichert werden.
Ob es nun Arbeitssuchende aus dem außereuropäischen Ausland sind oder Unternehmen, die Fachkräfte nach Deutschland "holen" möchten, der Erhalt des erforderlichen Visums hängt zu einem wesentlichen Teil an der Anerkennung des Berufsabschlusses. Für die ausländischen Fachkräfte entscheidet sich also mit dem Bescheid, ob es möglich wird, in Deutschland – und vor allem im gelernten Beruf zu arbeiten. Sie gewinnen auch Klarheit darüber, welche Nachqualifizierung ggf. erforderlich ist, um sich erfolgreich in Deutschland auf ein Stelle mit einer bestimmten Berufsbezeichnung bewerben zu können.
Das gilt natürlich ebenso für die Unternehmen. Für sie bietet das Anerkennungsverfahren den Vorteil, dass die Personalverantwortlichen über den Anerkennungsbescheid Transparenz über die beruflichen Kompetenzen der neuen Fachkraft gewinnen. Sie können daraus sofort ablesen, was die neue Fachkraft tatsächlich kann und wie sie idealerweise eingesetzt werden kann. Bei einer teilweisen Gleichwertigkeit erhalten sie wiederum detailliert Aufschluss darüber, in welchen konkreten Bereichen sie die Fachkraft nachqualifizieren sollten, um sie als vollwertige Fachkraft in ihr Team einbinden zu können.
Was ist mit Auszubildenden aus dem Ausland?
Unternehmen können auch Auszubildende aus Drittstaaten anwerben. Da die Qualifizierung erst beginnt, spielt die IHK FOSA hier natürlich keine Rolle. Grundlage, um mit der Ausbildung in Deutschland starten zu können, ist ein Einreisevisum. Dies wird in der Regel erteilt, wenn folgende Punkte vorliegen:
- ein verbindlicher Ausbildungsplatz in einem Betrieb in Deutschland
- Sprachkenntnisse auf dem GER-Niveau B1 oder die Bestätigung des Betriebs, dass die Sprachkenntnisse ausreichen.
Weitere Informationen
Informationen für Arbeitskräfte im Ausland bzw. für Unternehmen, die Fachkräfte aus dem Ausland anwerben möchten:
Make it in Germany
Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen:
Anerkennung in Deutschland
Artikel zur Anerkennung nonformal erworbener Kompetenzen von Beschäftigten
Schlummernde Potenziale erkennen