Digitale Tools in der Ausbildung – Teil 1

PraxisArtikelInterviews

Nein, wir machen hier keine Werbung für simpleclub. Aber wenn Nutzerinnen und Nutzer auf Seiten der Auszubildenden wie auch auf Seiten der Ausbilderinnen und Ausbilder von den Möglichkeiten und vom Nutzen wirklich begeistert sind, sollte man auch nicht so tun, also ob das völlig belanglos wäre. Denn tatsächlich ist die Begeisterung beim Einsatz eines Arbeitsinstruments, ob es sich dabei nun um einen Akkuschrauber oder um eine digitale Anwendung handelt, eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass es seinen potenziellen Nutzen überhaupt entfalten kann. Genau das haben die Entwickler von simpleclub offensichtlich sehr gut verstanden.

Wir haben Michelle Heinrich und Beate Abeltshauser, Ausbildungsreferentinnen bei der Stadtsparkasse München, danach gefragt, wie sich der Einsatz von simpleclub auf die Ausbildung ihrer rund 250 Auszubildenden sowie auf den Alltag der Ausbilderinnen und Ausbilder auswirkt …

Kurzinfo: Was ist simpleclub?

Bei simpleclub handelt es sich um eine deutschsprachige Lernplattform für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studierende verschiedener Fachrichtungen (Quelle: Wikipedia). Aktuell bietet die App für über 20 Ausbildungsberufe fachspezifische, auf die entsprechende Ausbildungsverordnung zugeschnittene, jugendgerecht aufbereitete Lerninhalte und Trainings in Form von Lernvideos, digitalen Übungs- und Trainingsaufgaben sowie Prüfungsvorbereitungen, die Ausbildende auch zu eigenen Ausbildungs- bzw. Lerneinheiten bzw. Trainingsplänen zusammenstellen können.

Als Instrument speziell für den Einsatz in der Ausbildung verspricht das Unternehmen, die Anwendung

  • trage zu einem aktiven und motivierten Lernen bei,
  • sie helfe, Lernlücken zu schließen,
  • sie unterstütze die Prüfungsvorbereitung und
  • sie steigere die Attraktivität der Ausbildung im Unternehmen.

Eine spezielle Seite (Eigenwerbung) informiert Ausbilderinnen und Ausbilder über die Einsatzmöglichkeiten.

Das Unternehmen bietet eine kostenfreie Testmöglichkeit, um die Inhalte und Funktionen kennenlernen und die Qualität der Lerninhalte sowie der pädagogischen Konzeption selbst beurteilen zu können. Die für eine dauerhafte Nutzung anfallenden Lizenzkosten hängen unter anderem von der Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer im Unternehmen ab und sind mit den Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern zu vereinbaren.

INTERVIEW PRAXISERFAHRUNGEN

Frau Abeltshauser, Frau Heinrich – bei der Stadtsparkasse München erhalten alle Auszubildenden ein iPad und eine simpleclub-Lizenz. Mit der Anwendung werden dann eine ganze Reihe der vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte erarbeitet. Erste Frage: Wie kam es in Ihrem Hause zur Entscheidung für den Einsatz gerade dieses Produkts?

Beate Abeltshauser: Wir hatten schon vor simpleclub andere digitale Tools im Einsatz, aber die waren auf die Dauer nicht so abwechslungsreich. Als es dann eine neue Ausbildungsverordnung gab, mussten wir unseren Ausbildungsplan für die Ausbildung zum Bankkaufmann bzw. zur Bankkauffrau umstellen. Daraufhin haben wir uns simpleclub genauer angeschaut und uns entschieden, diese Anwendung in der Ausbildung einzusetzen.

Michelle Heinrich: Die Corona-Lockdowns haben schlagartig eine digitale Neuausrichtung der Ausbildung erfordert. Es war klar: Wir müssen insgesamt digitaler werden, moderner und attraktiver als Ausbildungsbetrieb und künftiger Arbeitgeber in diesen schwierigen Zeiten – es wusste ja niemand, wie das alles weitergeht und wie lange die Pandemie dauern wird.

Wie haben die damaligen Auszubildenden auf die Einführung des Tools reagiert? Und wie steht es heute bei Ihren neuen Auszubildenden um die Akzeptanz?

Michelle Heinrich: Wir haben sofort gemerkt, dass die meisten unserer damaligen Auszubildenden die simpleclub-YouTube-Videos schon aus ihrer Schulzeit kannten. Von daher gab es keine Berührungsängste, eher auf Anhieb Begeisterung, dass es die Anwendung nun auch in der Ausbildung gibt.

Beate Abeltshauser: Das wiederholt sich heute auch bei unseren Azubi-Infotagen, auf Ausbildungsmessen und in den Bewerbungsgesprächen. Die meisten kennen simpleclub oder zumindest die kostenlos zugänglichen Lernvideos. Die Resonanz der Jugendlichen zeigt uns, dass sie das anspricht und die Anwendung als Mehrwert wahrgenommen wird, den wir als Ausbildungsbetrieb bieten.

Die Auszubildenden scheinen das Instrument also gerne zu nutzen, aber wie steht es mit Ihnen bzw. Ihren ausbildenden Kolleginnen und Kollegen? Sie müssen den Einsatz der Anwendung ja auch zielgerichtet steuern.

Beate Abeltshauser: Wir Ausbildungsreferentinnen haben uns gemeinsam mit den Ausbilderinnen und Ausbildern fast ein halbes Jahr lang über unsere Testzugänge intensiv mit den Möglichkeiten auseinandergesetzt, die simpleclub bietet. Wir haben wirklich alle Inhalte durchgespielt und selbst ausprobiert, wie es funktioniert. Während dieser Kennenlern- und Erprobungsphase haben wir festgestellt, dass das Lernen und Trainieren mit simpleclub für viele von der Ausbildungsordnung vorgeschriebene Inhalte wirklich Spaß macht. Gerade die Nachverfolgung und Steuerung der Lernfortschritte ist für uns und unsere Ausbilderinnen und Ausbilder gut zu handhaben.

Können Sie ein Beispiel geben?

Michelle Heinrich: Das Erstellen von Lernplänen, die genau zu unserer Ausbildung passen, funktioniert mit simpleclub sehr einfach. Wir haben vier aufeinander aufbauende Lernpläne entwickelt, die unsere Auszubildenden in bestimmten Zeiträumen ihrer Ausbildung in der App bearbeitet haben müssen. Darin enthalten sind Erklärvideos, einfache, mittlere und schwere Übungsaufgaben, kleine Tests usw. Die vollständige und erfolgreiche Bearbeitung des jeweiligen Lernplans ist für die Auszubildenden Voraussetzung für die Teilnahme an weiteren Inhouse-Seminaren und -Trainings, das heißt: Wir können beim Start solcher zusätzlichen internen Qualifizierungen sicher sein, dass alle Teilnehmenden über das Fachwissen verfügen, das wir hier voraussetzen. So werden natürlich auch die Trainings effizienter.

In der App können wir jederzeit den Bearbeitungsstand und die „Performance“ jedes einzelnen Azubis sehen. Das ermöglicht uns ein aktives Lerncoaching, das uns früher in dieser Form nicht möglich war. Wir sehen zum Beispiel, dass jemand ein bestimmtes Thema länger bearbeitet als die anderen im Durchschnitt dafür brauchen. Oder ein Etappenergebnis fällt nicht so gut aus, wie der oder die Auszubildende sonst bei anderen Themen abschneidet. Wir können dann viel gezielter nachfassen: Was ist los? Wo klemmt es? Wie lösen wir das?

Beate Abeltshauser: Der Effekt ist für die Auszubildenden und für die Ausbildenden spürbar. Die Azubis lernen in einem größeren Umfang als früher selbstbestimmt, das entlastet die Ausbilderinnen und Ausbilder. Zugleich rückt der einzelne Mensch und das individuelle Lerncoaching mehr in den Mittelpunkt, die Beziehung zwischen Ausbilder und Azubi wird gestärkt.

Sie haben sich während Ihrer Vorbereitungs- und Testphase intensiv damit auseinandergesetzt, wie Sie simpleclub für die Ausbildung bei der Stadtsparkasse optimal nutzen können. Welche Aspekte haben für Sie noch eine Rolle gespielt?

Michelle Heinrich: Es ist im Grunde wie bei allen Tools, die man in der Ausbildung einsetzt: Einfach nur bereitstellen, das ist zu wenig, das bringt nichts. Auch wenn es zunächst einmal viel Arbeit bedeutet, man muss sich klar darüber werden, was man mit dem Tool erreichen will und wie genau es in der Ausbildung eingesetzt werden soll. Für uns war beispielsweise in der Vorbereitungszeit eine weitere wichtige Frage, wie wir eigentlich starten, sobald wir das „Go!“ von der Geschäftsführung und von der IT-Abteilung haben. Wie rollen wir das im Unternehmen aus und wie integrieren wir die aktive, regelmäßige Verwendung in unser bestehendes individuelles Ausbildungskonzept?

Beate Abeltshauser: Diese Fragen muss man auch deshalb frühzeitig stellen, weil man die Unterstützung der Geschäftsführung, der Personal- und der IT-Abteilung braucht, wenn es um sehr viele Lizenzen und um zahlreiche Standorte geht. Die Geschäftsführung will natürlich wissen, wie die Investition zu einem Mehrwert umgewandelt wird. Und wir als Ausbildungsreferentinnen bzw. Ausbilderinnen und Ausbilder können die Technikfragen nicht alleine lösen, das ist nicht unsere Aufgabe.

Und wie hat es funktioniert?

Beate Abeltshauser: Wir haben von den weiteren Beteiligten und von der Geschäftsführung viel Unterstützung erhalten. Wir profitieren alle von einer modernen Ausbildung und top ausgebildeten Nachwuchskräften. Also hat jeder gerne seinen Part übernommen, bis es rund lief. Im Rückblick kann ich sagen, dass es gar keine wirklich nennenswerten technischen oder organisatorischen Probleme gab. Das lief alles sehr reibungslos.

Wie nutzen die Azubis denn nun die Plattform konkret?

Michelle Heinrich: Wir stellen unseren Auszubildenden pro Woche zwei Vormittage zur Verfügung, in denen sie ihren jeweiligen Lernplan bearbeiten. Natürlich sind die Ausbilderinnen und Ausbilder in dieser Zeit auch für die Azubis da, um Fragen oder Probleme zu klären. Durch die Lernpläne verfügen die Azubis über einen roten Faden, an dem entlang viele Ausbildungsinhalte gelernt und trainiert werden. Jeder Azubi besitzt seinen persönlichen Ausbildungspass. Hier werden im Gespräch mit der Ausbilderin oder dem Ausbilder die erreichte Etappe und wichtige Zwischenergebnisse festgehalten. Außerdem werden hier auch die Zielvereinbarungen für die nächste Etappe notiert, das schafft gegenseitige Verbindlichkeit, Orientierung und Fokussierung in Richtung Abschlussprüfung.

Beate Abeltshauser: Ich gebe mal ein Beispiel: In der neuen Ausbildungsverordnung wird großer Wert darauf gelegt, dass die Auszubildenden lernen, projektorientiert zu arbeiten. simpleclub vermittelt das sehr zielgruppengerecht, anschaulich und motivierend. Die Azubis können das spürbar in ihre berufliche Praxis bei uns übertragen und anwenden. Es geht also um viel mehr als „nur“ um Fachwissen, es werden echte Handlungskompetenzen vermittelt.

Michelle Heinrich: Bemerkenswert finde ich auch, dass es in simpleclub den sogenannten Prüfungsmodus gibt. Die Tests sind auf das IHK-Prüfungsniveau abgestimmt und in leicht, mittel und schwer gestaffelt. Wir beobachten, dass durch das erfolgreiche Bearbeiten der Aufgaben im Prüfungsmodus viele Azubis ihre Ängste vor der Prüfung abbauen und Selbstvertrauen tanken.  

Beate Abeltshauser: Davon profitieren auch unsere Ausbilderinnen und Ausbilder spürbar, weil sie weniger die Prüfung und das Prüfungsniveau erklären müssen, sondern mehr zum Ausprobieren ermutigen können. „Anspornen statt Beruhigen“ fasse ich es hier einmal zusammen. Insgesamt wurde die Qualität der Ausbildung bei uns einheitlicher, ob nun einer unserer Top-Ausbilder verantwortlich ist oder ein ganz neu als Ausbilder gestarteter Kollege. Alle Auszubildenden lernen begleitend mit simpleclub und haben hier eine zusätzliche Stütze, sodass das Verstehen und Motivieren eben nicht mehr allein auf den Schultern der einen Person liegen.

Michelle Heinrich: Hier schließt sich der Kreis. Durch den Einsatz von simpleclub gewinnen unsere Ausbilderinnen und Ausbilder wieder mehr Freiraum für die persönliche Betreuung ihrer Auszubildenden. Weil die Aufgabe „Wissen vermitteln und trainieren“ in vielen Punkten durch das digitale Lernen abgedeckt ist, rückt der einzelne Mensch wieder mehr in den Mittelpunkt.

Die Digitalisierung verändert die Ausbildung immer mehr, das steht fest und das zeigt sich bei Ihnen im Hause wohl im besten Sinne. Die Frage ist also vor allem, was die Unternehmen bzw. die verantwortlichen Menschen aus der digitalen Transformation der Ausbildung machen.
Welche Tipps geben Sie anderen Ausbildungsverantwortlichen bzw. Ausbilderinnen und Ausbildern mit Blick in die Zukunft?

Michelle Heinrich: Die Ausbildung wandelt sich immer schneller, darauf müssen sich alle Beteiligten in den Unternehmen einstellen. Es sind also immer größere Veränderungsbereitschaft und Innovationsoffenheit gefragt, wenn man auch in Zukunft weiterhin erfolgreich ausbilden will. Ich bin sehr gespannt, wie zum Beispiel Entwicklungen der künstlichen Intelligenz, Stichwort Chat GPT, die Ausbildung, das heißt das Lehren und das Lernen verändern werden. Ausbilderinnen und Ausbilder müssen up-to-date sein und up-to-date bleiben. Mein Tipp lautet: Nach vorne blicken und die Entwicklungen kritisch, aber eben konstruktiv annehmen!

Beate Abeltshauser: Für mich als ältere Person war die Erfahrung wichtig, dass die Auseinandersetzung mit den neuen digitalen Möglichkeiten und dem, was heute alles an Lernsteuerung, Erklärvideos, digitalen Übungen usw. geht, zwar am Anfang anstrengend ist, aber dann auch richtig viel Spaß macht. Die Jugendlichen von heute erwarten von uns, dass wir die digitalen Möglichkeiten in ihrer Ausbildung nutzen. Und wir erwarten von den Jugendlichen als unsere zukünftigen Fachkräfte, dass sie nicht „von gestern“ sind. Deshalb meine ich: Digitale Tools einführen und nutzen – ja, aber bitte nachhaltig. Wenn das geschieht, profitieren wir von Entlastung, wir gewinnen Zeit für noch mehr Ausbildungsqualität und Betreuung und letztlich bessere Auszubildende, die gerne bei uns im Unternehmen bleiben und die wir gerne als Top-Fachkräfte haben wollen – darum geht’s doch. 

Frau Abeltshauser, Frau Heinrich – ganz herzlichen Dank für diese spannenden und vielschichtigen Erfahrungen, von denen Sie uns berichtet haben, und Danke für die motivierenden Impulse!

 

Weiterführende Links

Webauftritt simpleclub

Impuls: Ausbildungsmarketing optimieren (hier im BIHK-Lernreich)

Impuls: Das Potenzial der Digitalisierung in der Ausbildung nutzen (hier im BIHK-Lernreich)

Digitale Tools in der Ausbildung - Teil 2: Kahoot

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