Bildungspartnerschaften: für Berufsorientierung und Auszubildende

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Praxis-Interview

Die „IHK Initiative Bildungspartnerschaften“ bringt Unternehmen und Schulen zusammen. Ziel ist es, die Berufsorientierung in den Schulen zu fördern, Schülerinnen und Schüler für eine Ausbildung zu begeistern und Unternehmen die Möglichkeit zu verschaffen, ihre Ausbildungsangebote individuell zu präsentieren. Wir sprachen mit Angelika Schubert Koordinatorin Ausbildung und Leiterin des Betrieblichen Gesundheitsmanagements bei der Langmatz GmbH (im Bild 2. v. l.), über ihre Bildungspartnerschaft mit der Bürgermeister Schütte Grund- und Hauptschule in Garmisch-Partenkirchen.  

Frau Schubert, wie sieht die Partnerschaft genau aus?

Angelika Schubert: Unsere regionale IHK hat den Kontakt zwischen der Bürgermeister Schütte Schule und uns vermittelt. Im Prinzip treffen wir uns regelmäßig mit der Schulleitung und weiteren Lehrern und überlegen gemeinsam, wie wir die Partnerschaft durch einfach zu realisierende Maßnahmen mit Leben füllen können. Bis jetzt haben wir zwei Mal am sog. Bewerbertag in der Schule teilgenommen und uns dort präsentiert. Außerdem haben wir in diesem Jahr eine Betriebsbesichtigung für Schülerinnen und Schüler geplant – die liegt im Moment wegen der Corona-Krise allerdings leider auf Eis. Hilfreich sind auch die Vorschläge, die die IHK den Beteiligten als Module der Partnerschaft mit auf den Weg gibt. Durch sie kommt man auf Ideen und kann gemeinsam prüfen, was davon machbar ist und wie man es umsetzen könnte.

Wer treibt in dieser Konstellation die Partnerschaft voran, wie bleibt sie lebendig und aktiv?

Auf unserer Seite bin ich der Treiber, schließlich zählt das Heranführen und Gewinnen neuer Auszubildender zu meinen Aufgaben. Die Bildungspartnerschaft stellt hierbei eine von vielen weiteren Maßnahmen dar, die sich gegenseitig ergänzen. Da ich das „Azubi-Marketing“ steuere, ist für mich auch die regelmäßige Abstimmung mit der Schule ganz wichtig. Denn die Schule und wir müssen immer zuerst die passende zeitliche Lücke finden, in der eine Maßnahme durchgeführt werden kann.

Welche Gründe sprachen für den Beginn der Bildungspartnerschaft?

Der wichtigste Grund für uns war die Möglichkeit, rechtzeitig Kontakte zu potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern aufbauen und die Jugendlichen dabei persönlich ansprechen zu können. Wenn die Schülerinnen und Schüler kurz vor ihren Abschlussprüfungen stehen, ist es für ihre Ausbildungsbewerbung ja schon zu spät. Ein nahtloser Übergang von der Schule in die Ausbildung ist dann zeitlich einfach nicht mehr möglich, das ist vielen Jugendlichen gar nicht bewusst. Andererseits macht es natürlich auch keinen Sinn, zu früh mit ihnen zu sprechen, wenn sie sich gedanklich noch gar nicht mit ihrem Start ins Berufsleben beschäftigt haben. Die Bildungspartnerschaft gibt uns die Chance, unser Unternehmen und unser Angebot an Ausbildungen zum richtigen Zeitpunkt zu präsentieren und zum Beispiel auch das Interesse an einem Praktikum bei uns zu wecken. Die ganze Ansprache ist individueller und exklusiver als beispielsweise auf den Jobmessen, an denen wir natürlich weiterhin teilnehmen.

Ein weiterer wichtiger Grund für die Bildungspartnerschaft war auch die positive Außenwirkung für das Unternehmen insgesamt. Unser Engagement verknüpfen wir mit unserem Marketing-Mix und unserer Öffentlichkeitsarbeit. Das Ganze wirkt wie ein positiver regionaler Multiplikator.

Welche Startschwierigkeiten gab es? – Und wie haben Sie diese überwunden?

Die Lehrkräfte und die Schulleitung sind sehr engagiert und kümmern sich schon länger um das Thema Berufsorientierung. So ein neues Projekt muss aber auf Seiten der Schule wie bei uns auch erst einmal in Gang kommen und dazu braucht es Termine für die ersten gemeinsamen Gespräche. Termine finden, um starten zu können, das hört sich nicht gerade schwierig an, ist aber in der Praxis gar nicht so einfach.

Dann galt es, miteinander abzustimmen, welche Klassenstufe die richtige ist, welche Maßnahmen wir uns gemeinsam vornehmen und was das für beide Seiten richtige Maß ist. Es handelt sich für beide Seiten um zusätzliche Arbeit, darüber muss man sich klar sein. Damit man das auch stemmen kann, was man sich vornimmt, müssen die Maßnahmen „handfest“ und praktikabel sein und zu uns als Unternehmen sowie zum Profil der Schule passen.  Wenn die Chemie stimmt und man offen miteinander spricht, kommt alles andere Schritt für Schritt in Gang – echte Schwierigkeiten sind das eigentlich nicht.

Was bringt die Bildungspartnerschaft Ihrem Unternehmen?

Eine Verbesserung unserer Außenwirkung können wir regional bereits feststellen. Zum Beispiel sind wir von der IHK als „Top-Bildungs-Partner“ ausgezeichnet worden, das ging durch die Presse und hat Bewerber auf uns aufmerksam gemacht.

Was die Bewerberzahlen angeht: Wir haben in der Tat erreicht, dass mehr Bewerbungen bei uns eingehen, indem wir den 14- bis 15-Jährigen in der achten Klasse Kontakte zu uns anbieten und erste Beziehungen zum Unternehmen aufbauen. Die Schüler schließen die Hauptschule in der neunten Klasse ab, hängen dann noch einmal ein Jahr für ihre mittlere Reife dran, dann passt die Bewerbung zu unseren Ausbildungen zum Beispiel als Industriemechaniker, Konstruktionsmechaniker oder zur Fachkraft für Lagerlogistik.

Aus diesen Gründen prüfen wir, ob wir in Zukunft auch mit einer Realschule eine weitere Bildungspartnerschaft aufbauen können, da deren Abschlüsse für einige unserer Ausbildungen noch etwas besser geeignet sind, ich nenne einmal den Werkzeugmechaniker oder die Industriekaufleute.

Ihre Empfehlung: Für welche Unternehmen ist eine Bildungspartnerschaft besonders interessant?

Im Prinzip ist eine Bildungspartnerschaft für jedes Unternehmen ein lohnender Weg, um Auszubildende zu gewinnen. Man muss allerdings auch sehen, dass es auf Seiten der Schulen auch Grenzen gibt. Manche pflegen bereits mit vielen Unternehmen der Region Kontakte, da muss erst einmal Platz für noch ein weiteres Unternehmen vorhanden sein. Andere haben für die Berufsorientierung noch keine eigenen Konzepte und Maßnahmen. Das erschwert es, herauszufinden, was überhaupt in der Schule möglich ist. 

Welche ersten Schritte und Maßnahmen empfehlen Sie anderen Unternehmen, die eine Bildungspartnerschaft starten wollen?

Ganz wichtig ist, dass das Profil der Schule zum Unternehmen und seinen Ausbildungsangeboten passt. Dann gilt es, die gegenseitigen Erwartungen zu klären: Was erwartet die Schule, was erwartet das Unternehmen, welche Ziele sind jeweils mit der Partnerschaft verbunden.

Wir wollen zum Beispiel an der Bürgermeister Schütte Schule auch solche Berufe vorstellen, die nicht so bekannt sind und für die es uns daher schwerfällt, Auszubildende direkt hier vor Ort zu finden. Die Schüler können zum Beispiel bei einer Betriebserkundung den Beruf des Verfahrensmechanikers für Kunststoff- und Kautschuktechnik live im Unternehmen kennenlernen, die Maschinen in Aktion sehen und mit unseren Auszubildenden sprechen.

Diesen Ansatz verfolgt auch das Projekt der IHK AusbildungsScouts, an dem wir teilnehmen: Ein Auszubildender wird speziell weitergebildet, um seine Ausbildung an einer Schule selbst vorstellen zu können. Wir halten die IHK AusbildungsScouts für eine ideale Ergänzung der Bildungspartnerschaft, denn die Auszubildenden sind noch glaubwürdiger als wir Erwachsene. Die Azubis sprechen einfach die gleiche Sprache wie die Schülerinnen und Schüler, deshalb wollen wir diese Möglichkeiten als zweite Stufe in Zukunft noch weiter ausbauen.    

Als abschließende Empfehlung kann ich eigentlich nur wiederholen, dass man lieber klein und handfest startet, als sich einen Riesenaufwand vorzunehmen, der in der Schule dann nicht richtig umzusetzen ist oder nicht zur dortigen Schulkultur passt. Persönliche Gespräche direkt in der Klasse, Glaubwürdigkeit und einfache Angebote, sich das Unternehmen und die Berufe selbst einmal anzuschauen, ich glaube das sind für uns viel wirksamere Maßnahmen als eine aufwendige Inszenierung in der Aula womöglich noch mit Imagevideo.

Frau Schubert, herzlichen Dank für Ihre Einblicke und weiterhin viel Erfolg in und mit der Bildungspartnerschaft.

 

Fakten

Langmatz GmbH, Garmisch-Partenkirchen

3 Standorte mit insgesamt rund 450 Beschäftigten, davon 10 Prozent Auszubildende.

Übernahmequote der Auszubildenden nahezu 100 Prozent.

 

Links

Ausführliche Informationen zur IHK Initiative Bildungspartnerschaften,
- zu den Vorteilen für Unternehmen und Schulen sowie
- zu den Möglichkeiten, zusammen mit der IHK eine neue Bildungspartnerschaft mit einer Schule zu starten und diese mit konkreten Maßnahmen zu gestalten, finden Sie hier:

https://www.ihk-muenchen.de/bildungspartner/

 

Ausführliche Informationen zum Projekt IHK AusbildungsScouts,
- zur speziellen Qualifizierung und den Vorteilen für Azubis und Unternehmen finden Sie hier: 

https://ausbildungsscouts.bihk.de/