Ausbildungsprüfung = Qualitätssicherung

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Knapp 240.000 junge Menschen haben 2020 ihre Ausbildung im Bereich der Industrie und des Handels erfolgreich abgeschlossen und hierfür neben ihrer individuellen mündlichen Prüfung in den allermeisten Fällen auch eine bundeseinheitliche schriftliche Prüfung absolviert. Die Erstellung der in dieser schriftlichen Prüfung zu bearbeitenden Aufgaben erfolgt in der IHK-Organisation zentral und das hat für die Wirtschaft insgesamt, für die Ausbildungsbetriebe, ihr Ausbildungspersonal und nicht zuletzt für die Auszubildenden viele Vorteile – doch der Reihe nach.

Berufliche Handlungsfähigkeit nachweisen

Grundlage der Ausbildungsprüfungen, die die IHKs durchführen, sind das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die jeweiligen berufsspezifischen Ausbildungsordnungen. Das BBiG und die jeweilige Ausbildungsordnung geben für jeden in Deutschland anerkannten Berufsabschluss die Inhalte der Ausbildung und die Ziele der Abschlussprüfung sowie die Prüfungsbereiche und deren Inhalte verbindlich vor. Der gemeinsame Nenner aller Ausbildungsabschlussprüfungen lautet: Nachweis der Handlungsfähigkeit mit Blick auf die im jeweiligen Beruf geforderten Fertigkeiten, Fachkenntnisse und Fähigkeiten.

Diesem Anspruch müssen somit zuerst einmal die Prüfungen selbst gerecht werden:

  • Die Auszubildenden müssen die Prüfung absolvieren können, unabhängig davon, in welchem Ausbildungsbetrieb sie gelernt haben (lernortunabhängig).
  • Die Prüfung muss lernortübergreifend sowohl die im Betrieb vermittelten als auch die in der Schule vermittelten Inhalte und Kompetenzen aufgreifen.
  • Die Aufgaben müssen mit der aktuellen betrieblichen Praxis des jeweiligen Berufs und realitätsnahen Arbeitsaufträgen korrespondieren.
  • Als öffentlich-rechtliche Prüfungen müssen die Aufgaben und die durch sie gestellten Anforderungen an die Auszubildenden justiziabel sein, das heißt: Alle Entscheidungen rund um das Zustandekommen, die Durchführung und Bewertung der Prüfung müssen transparent und nachvollziehbar sein, den Ordnungsmitteln sowie dem Grundsatz der Fairness und Gleichbehandlung entsprechen.   
     

Die Vorteile dieser hohen Anforderungen zeigen sich deutlich, wenn man sich vor Augen führt, was es hieße, wenn sie nicht erfüllt wären. So könnten beispielsweise einzelne Unternehmen ihre Auszubildenden speziell nach ihren Erfordernissen prüfen – was an der betrieblichen Praxis vieler, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen, der großen Mehrheit der Betriebe, jedoch völlig vorbeiginge und die Versorgung der Wirtschaft insgesamt mit umfassend ausgebildeten Fachkräften gefährden würde. Zudem fördern die Lernortunabhängigkeit und die definierten Prüfungsinhalte auch die berufliche Mobilität junger Fachkräfte, denn sie garantieren Auszubildenden, dass sie nach ihrer Ausbildung deutschlandweit (und ebenso in vielen Ländern Europas, in denen die deutschen Abschlüsse anerkannt sind) durchstarten können. Bundeseinheitliche Prüfungen erhöhen also die Chancen, eine Beschäftigung zu finden, da sie überregional gleich anerkannt sind.

Und auch andersherum: Wo auch immer eine Auszubildende oder ein Auszubildender gelernt hat, die Unternehmen können bundesweit darauf vertrauen, dass die vorgesehenen Ausbildungsinhalte und -kompetenzen in vergleichbarer Form überprüft und fair bewertet wurden – genau hierfür steht das IHK-Zeugnis als unabhängiges Testat. Das spart in den Personalabteilungen Kosten für Nachqualifizierungen, eigene Testierungen und spezielle Auswahlverfahren.

Wie werden die Ausbildungsprüfungen entwickelt?

Um die hohen Anforderungen an die bundeseinheitlichen Ausbildungsprüfungen qualitätsgesichert und effizient zu erfüllen, haben die IHKs zentrale Erstellungseinrichtungen geschaffen. Für die kaufmännischen und kaufmännisch verwandten Berufe übernehmen die „Aufgabenstelle für kaufmännische Abschluss- und Zwischenprüfungen“ (AkA) mit Sitz bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken und die Zentralstelle für Prüfungsaufgaben (ZPA Nord-West) in Köln diese Funktion. Ihr Pendant für die gewerblich-technischen Berufe ist die Prüfungsaufgaben- und Lehrmittelentwicklungsstelle der IHK Region Stuttgart (PAL). Die Grafik zeigt am Beispiel der AkA das aufwendige und qualitätsgesicherte Verfahren, mit dem eine schriftliche Ausbildungsabschlussprüfung vom ersten Vorschlag für einen Aufgabensatz bis zur finalen Prüfung entwickelt wird (zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken).

 

Das Entscheidende an diesem Prozess ist, dass diejenigen, die die Aufgaben entwickeln und in dem mehrstufigen Verfahren optimieren, allesamt selbst aus der Berufspraxis kommen oder als Lehrende an Berufsschulen tätig sind. Die ehrenamtlich engagierten Aufgabenerstellerinnen und Aufgabenersteller bringen hierbei vielfache Perspektiven aus unterschiedlichen Unternehmen ein. Sie diskutieren miteinander, ob eine Aufgabe die geforderten Lernziele inhaltlich trifft und durch ihre Bearbeitung zu objektiv bewertbaren Ergebnissen führt, zudem passen sie die Prüfungsinhalte soweit möglich stets an die aktuellen Entwicklungen im jeweiligen Beruf an. Nicht zuletzt nutzen sie die in der Aufgabendatenbank hinterlegten Bewertungskennzahlen und qualitativen Feedbacks, um die geforderte Qualität und Aussagekraft der Prüfung zu erreichen.

Stichwort Neutralität: „Wer lehrt, prüft nicht“, diese alte Weisheit wurde erst jüngst wieder im Kontext der PISA-Tests wissenschaftlich bestätigt (1). Die IHK fungiert als externe, also lernortunabhängige Prüfungsinstanz und wirkt – nur den Ordnungsmitteln verpflichtet – mit den Prüfungen qualitätssichernd schon auf die vorausgehende Ausbildung. Konkret: Die bundeseinheitliche Prüfung führt auch dazu, dass sowohl das ausbildende Personal in den Betrieben als auch die Lehrenden in den Berufsschulen vor gleichen Herausforderungen stehen und ihre Ausbildungsleistungen somit in gewisser Weise vergleichbar werden. Das bestätigt sich auch in der Praxis. Hier zeigt sich sehr oft: Je enger Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen im Interesse der Auszubildenden zusammenarbeiten und beide Lernorte kooperieren, desto bessere Ergebnisse erzielen diese im Durchschnitt. Denn letztlich sollten nicht nur die Auszubildenden den Ehrgeiz haben, gute Noten zu erzielen – Top Ausbildung ist eine Gemeinschaftsaufgabe bei der die Ausbilderinnen und Ausbilder, Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer sowie die Auszubildenden alle an einem Strang ziehen.

Es gibt immer etwas zu optimieren

Wie können Ausbildungsbetriebe und ihr Ausbildungspersonal nun ein vertieftes Wissen rund um die bundeseinheitlichen schriftlichen Ausbildungsabschlussprüfungen dazu nutzen, die Ausbildung zu optimieren?

  1. Erklären Sie Ihren Auszubildenden frühzeitig, dass die bundeseinheitliche Prüfung in ihrem Interesse entwickelt wird: Es ist ihr Erfolg, der bundesweite Aussagekraft hat – und eben nicht nur mit Blick auf den einzelnen Ausbildungsbetrieb und die einzelne Berufsschule.
     
  2. Verändern Sie die langfristige Herangehensweise an die Prüfung gemeinsam mit Ihren Auszubildenden: Die Prüfung ist nicht (übertrieben formuliert) der „Tag der Wahrheit“, sondern eine „gemeinsame Challenge“, an der ein ganzes Team, bestehend aus gleichermaßen motivierten Auszubildenden, Ausbildungspersonal und Berufsschullehrerinnen und -lehrern, beteiligt ist: Je besser das Teamwork, desto besser die Chancen auf Top-Ergebnisse für das ganze Team.
     
  3. Besprechen Sie mit der Berufsschule die Möglichkeiten, die Zusammenarbeit zu intensivieren. Der Kontakt sollte nicht nur bei Problemfällen, sondern generell regelmäßig stattfinden. Durch den engen Austausch können zum Beispiel gemeinsame qualitätssichernde Projekte oder unternehmensübergreifende Förderaktivitäten entwickelt werden, von denen Ihr Unternehmen und Ihre Auszubildenden ebenso wie die Berufsschule profitieren.
     
  4. Halten Sie Ausschau nach anderen Unternehmen und Ausbilderinnen bzw. Ausbildern, die ein ähnliches Qualitätsverständnis in Sachen Ausbildung haben wie Sie: Kooperationen in der Ausbildung bieten zahlreiche Chancen, beide Seiten zu bereichern und gemeinsam Schritte gehen zu können, die alleine nur schwer oder gar nicht möglich wären.
     
  5. Last but not least: Wenn Ihre Ausbilderinnen oder Ihre Ausbilder Interesse haben, an der Aufgabenerstellung mitzuarbeiten, nehmen Sie Kontakt mit Ihrer zuständigen IHK auf, die dies an die jeweilige Aufgabenerstellungseinrichtung weitergibt: Nicht, um Ihren Auszubildenden einen illegitimen Vorsprung zu verschaffen, denn das verbietet sich von selbst, sondern um dazu beizutragen, dass die Prüfungen auch in Zukunft das leisten, was sie leisten sollen: Die Qualitätssicherung im dualen System der Ausbildung.

 

Quellenangabe (1): Bergbauer, Hanushek, Wößmann: „Extern vergleichende Prüfungen verbessern die Schülerleistungen“, ifo-Schnelldienst 20/2018, S. 18 ff

 

Weiterführende Links

AKA www.ihk-aka.de

ZPA Nord-West www.ihk-zpa.de

Prüfungsaufgaben- und Lehrmittelentwicklungsstelle (PAL) www.stuttgart.ihk24.de/pal

Verbundausbildung – Jedes Unternehmen kann ausbilden (Artikel hier im BIHK Lernreich)