Jedes Unternehmen kann ausbilden: mit Verbundausbildung

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Wir sind zu klein, zu speziell, zu … Für die meisten Gründe, nicht auszubilden, gibt es Lösungen. Zum Beispiel mit einer Verbundausbildung. Wir stellen Ihnen die vier Modelle kurz vor.

Grundvoraussetzungen sind recht leicht zu erfüllen

Damit ein Unternehmen ausbilden darf, muss es einige personelle und sachliche Voraussetzungen erfüllen: Es muss eine Person geben, die als Ausbilderin bzw. Ausbilder qualifiziert ist und die räumliche Situation sowie die technische Ausstattung müssen für die Ausbildung geeignet sein. In der Praxis sind diese Anforderung durchaus erfüllbar. Die Weiterbildung als Ausbilderin bzw. Ausbilder nach Ausbildereignungsverordnung (AEVO) zählt zu den am meisten absolvierten beruflichen Zusatzqualifizierungen in Deutschland, sie sichert ein Mindest-Know-how des ausbildenden Personals für die Organisation und Durchführung der betrieblichen Ausbildung. Zudem bieten zahlreiche Stellen, zum Beispiel die IHKs, interessierten Unternehmen Tipps und Hinweise, wie alle weiteren Anforderungen pragmatisch und mit Augenmaß realisiert werden können.

Und fachlich?

Bleibt noch die Frage, ob ein Unternehmen die für einen Ausbildungsberuf vorgeschriebene fachliche Bandbreite an Ausbildungsinhalten abdecken kann. Für diese Herausforderung, die vor allem kleine und mittlere, aber auch viele hochspezialisierte Unternehmen betrifft, hat das Berufsbildungsgesetz (BBiG) einen Weg geschaffen, der es ermöglicht, die Ausbildung gemeinsam mit externen Partnern so zu organisieren, dass die Auszubildenden letztlich alle vorgesehenen Ausbildungsabschnitte und -themen durchlaufen können: Verbundausbildung.

Das spricht für die Verbundausbildung

Die Verbundausbildung kann spezifisch für jedes Unternehmen organisiert werden, es gibt keine starren Regeln, es zählt der jeweilige Bedarf. Die Betriebe profitieren von einer Entlastung bei der Organisation und Durchführung einzelner Teile der Ausbildung sowie rund um die Verwaltung des Ausbildungsprozesses. Häufig können sie außerdem die Anschaffung kostenintensiver technischer Ausstattungen vermeiden. Oft schafft die Verbundausbildung auch für die Auszubildenden attraktive Mehrwerte: Einerseits eine besondere Spezialisierung im Ausbildungsbetrieb, andererseits überbetriebliche Anteile, die den Horizont erweitern, ein umfassenderes Verständnis der Themen ermöglichen und wertvolle Impulse für die Planung des weiteren Werdegangs nach der Ausbildung geben.

Vier Modelle der Verbundausbildung

Die Verbundausbildung umfasst vier verschiedene Kooperationsformen:

  • Leitbetrieb mit Partnerbetrieb(en)
  • Auftragsausbildung
  • Ausbildungskonsortium und
  • Ausbildungsverein    

Leitbetrieb mit Partnerbetrieb(en)

Wenn im eigenen Betrieb nicht alle Teile der Ausbildung abgedeckt werden können, weil das Unternehmen zu klein oder die Spezialisierung zu hoch ist, können ein oder auch mehrere Partnerbetriebe in die Ausbildung eingebunden werden.

Vorteil: Diese Kooperationsform ist vergleichsweise leicht zu organisieren. Der Ausbildungsvertrag wird mit dem sog. Leitbetrieb abgeschlossen, nur bestimmte Teile der Ausbildung finden in einem oder mehreren Partnerbetrieben statt. Auch umgekehrt profitieren die Partnerbetriebe, da ihre Auszubildenden im Leitbetrieb erweiterte Erfahrungen sammeln und beispielsweise Schulungs- oder Laborräume im Leitbetrieb nutzen können.

Beispiel: Ein Hersteller mechatronischer Komponenten für den Maschinenbau entsendet seine Auszubildenden in ein Großhandelsunternehmen, um ihnen dort erweiterte Einblicke in das Thema Lagerlogistik zu verschaffen.

Auftragsausbildung

Kann ein Unternehmen beispielsweise aufgrund fehlender zeitlicher, technischer oder fachlicher Ressourcen bestimmte Ausbildungsabschnitte nicht selbst vermitteln, kann es diese an hierfür geeignete Bildungsdienstleister, überbetriebliche Berufsbildungsstätten oder auch andere Unternehmen (s. o.) übertragen. Die Kosten für die Auftragsausbildung trägt der Ausbildungsbetrieb.

Vorteil: Diese Form der Verbundausbildung ist sehr flexibel gestaltbar, von einzelnen Seminaren zu spezifischen Fachgebieten bis hin zur Übernahme kompletter Ausbildungsjahre. Zudem kann die Auftragsausbildung von Ausbildungsjahr zu Ausbildungsjahr sehr einfach neu strukturiert werden, die Ausbildungsbetriebe gehen keine langfristigen Verbindlichkeiten ein. Nicht zuletzt ist diese Ausbildungsform sehr gut zur Vermittlung aktueller und modernster Technologien geeignet: Kompetenzen, die die Auszubildenden dann zurück in den Betrieb bringen.

Beispiel: Ein Unternehmen für Kunststofftechnik entsendet seine Auszubildenden an ein Institut, um ihnen dort Fachwissen rund um die aktuelle Verfahrenstechnik zu vermitteln.

Ausbildungskonsortium

Die Idee eines Ausbildungskonsortiums besteht darin, dass sich mehrere ausbildende Unternehmen gleichberechtigt zusammenschließen und ihre Auszubildenden mit dem Ziel untereinander austauschen, die Ausbildungsqualität zu steigern. Die Partner legen miteinander fest, welches Unternehmen welche Ausbildungsabschnitte übernimmt, die Auszubildenden rotieren somit im Verlauf ihrer Ausbildung in allen beteiligten Unternehmen.

Vorteil: Abgesehen von der ersten grundlegenden Abstimmung der Partner untereinander erfordert ein Ausbildungskonsortium nur wenig organisatorischen Aufwand und verursacht kaum zusätzliche Kosten. Gleichzeitig intensivieren die Unternehmen ihre Kommunikation und Kooperation untereinander, was leicht auch zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit führen kann. Im Wettbewerb um die Besetzung von Ausbildungsplätzen macht ein Ausbildungskonsortium die Ausbildung für Jugendliche attraktiver, interessanter und abwechslungsreicher, dazu sollte allerdings auch das Ausbildungsmarketing koordiniert erfolgen. 

Beispiel: Mehrere Agenturen und Unternehmen aus dem Bereich Messebau, Event, Werbung und Onlinemarketing schließen sich zu einem Ausbildungskonsortium zusammen.

Ausbildungsverein 

Bei dieser eher langfristig angelegten und ein gewisses Maß an verbindlichem Engagement erfordernden Form der Verbundausbildung gründen die beteiligten Ausbildungsbetriebe einen eigenen Verein, der vor allem die formalen und organisatorischen Aufgaben rund um die Ausbildung übernimmt. Der Verein wird über Mitgliedsbeiträge finanziert, für die ihm dann Aufgaben übertragen werden: von der Gewinnung von Auszubildenden über die Erstellung der Lohnabrechnungen bis zur Prüfungsvorbereitung oder Krisenintervention. Letztlich agiert der Verein wie ein Bildungsdienstleister, der bei entsprechender Anzahl der Vereinsmitglieder und der zu erfüllenden Aufgaben mithin selbst die Rolle eines Arbeitgebers und Ausbildungsbetriebes übernehmen kann. Die Auszubildenden durchlaufen ihre Ausbildung in einem oder auch mehreren Mitgliedsunternehmen des Vereins, auch das kann der Verein ähnlich wie beim Ausbildungskonsortium koordinieren.

Vorteil: Sowohl die Auszubildenden wie auch die Vereinsmitglieder profitieren von den Leistungen des Vereins, gemeinsam beschafften und genutzten Vereinsmitteln sowie einer im Verein abgestimmten und koordinierten kontinuierlichen Weiterentwicklung der Ausbildungsqualität. Wirtschaftliche Schwankungen, die sich in kleinen und mittleren Unternehmen leicht auch auf die Ausbildung auswirken, können durch den Verein abgefedert werden. Gerade auf lokaler bzw. regionaler Ebene ermöglicht ein Ausbildungsverein von Unternehmen verschiedener Branchen interessante Synergien, gemeinsame Investitionen und den Aufbau von Dienstleistungen zur Entlastung jedes einzelnen Vereinsmitglieds sowie zur Förderung aller einbezogenen Auszubildenden.

Beispiel: Zur Stärkung der Ausbildung in ihrer Flächenregion schließen sich Unternehmen zu einem eingetragenen Ausbildungsverein zusammen. Dieser organisiert die An- und Abfahrten der Auszubildenden in ihre Ausbildungsbetriebe bzw. in die Berufsschule unabhängig vom ÖPNV, stellt Räume für gemeinsame IT-Trainings sowie Zimmer in mehreren Azubi-WGs zur Verfügung und entwickelt gemeinsame überregionale Maßnahmen für das Ausbildungsmarketing, um neue Bewerberinnen und Bewerber für Ausbildungsstellen anzusprechen.   

Fazit

Die vier Modelle der Verbundausbildung zeigen: Wenn ein Unternehmen die Ausbildung im eigenen Hause will, dann finden sich auch Wege, wie sie gemeinsam mit Partnern realisiert werden kann. Die Verbundausbildung stellt zudem eine interessante Option dar, um die Attraktivität des Ausbildungsbetriebes und seines Ausbildungsangebots für Jugendliche zu steigern und mit Blick auf neue Technologien und Themenfelder der Zukunft weiterzuentwickeln.

Ganz unabhängig davon, für welches Modell sich ein Ausbildungsbetrieb entscheidet, die Verbundausbildung geht mit einer Öffnung des Unternehmens für neue Perspektiven und der Verbesserung der Kooperationsfähigkeit einher – oft ergeben sich hieraus weitere Ideen und Projekte zur Lösung aktueller Herausforderungen: Es lohnt sich immer, „Einzelkämpferpositionen“ zu Gunsten starker Teamleistungen zu verlassen!

Förderung und Beratung nutzen

Einige Bundesländer stellen Unternehmen speziell für die Verbundausbildung Fördergelder zur Verfügung – Informationen zu den aktuellen Förderprogrammen und allen weiteren Fragen rund um die Verbundausbildung erhalten Sie zum Beispiel bei den Aus- und Weiterbildungsberaterinnen und -beratern Ihrer IHK (für Bayern finden Sie diese am schnellsten hier).