Aus der Ausbildungspraxis für die Ausbildungspraxis
Mit dem Ausbilderforum ermöglicht der Bayerische Industrie- und Handelskammertag BIHK e. V. in Verbindung mit der IHK Ausbilderakademie Bayern allen interessierten Ausbilderinnen und Ausbildern, gemeinsam über die aktuellen und in Zukunft zu erwartenden Herausforderungen rund um die Ausbildung zu diskutieren. Dazu passend bietet die Veranstaltung ausgewählte Praxisworkshops, in denen die Teilnehmenden neue Ideen und frische Impulse für ihre wichtige Aufgabe erarbeiten.
In diesem Jahr eröffneten die Veranstalter das Ausbilderforum mit einer spannenden Podiumsdiskussion zum Thema „Ausbildung, Auszubildende, Ausbilder/-innen – war früher alles besser?“ Unter der Moderation des für die IHK Ausbilderakademie Bayern verantwortlichen Referenten, Thomas Schneider, diskutierten
- Hubert Schöffmann, Bereichsleiter Berufliche Bildung bei der IHK für München und Oberbayern,
- Prof. Dr. Alfred Quenzler, Professor für Internationales Personal- und Organisationsmanagement bei der Technischen Hochschule Ingolstadt,
- der Trainer, Dozent und Referent Theo Grassl,
- Bettina Karg, HR Senior Managerin und HR-Business Partnerin bei der DEHN SE sowie
- der Auszubildende und AusbildungsScout Michael Rosner
(Informationen zum Projekt IHK AusbildungsScout und dessen Nutzen für Ausbildungsbetriebe finden Sie hier) - die Fachkraft Lukas Ruhdorfer, der sich zudem als KarriereScout engagiert
(Informationen zum Projekt IHK KarriereScout finden Sie hier)
Schnell wurde deutlich, dass früher natürlich nicht alles besser war. Aber die Positionen und das Selbstverständnis aller an der Ausbildung Beteiligten haben sich deutlich verändert. Insbesondere das Thema „Wertschätzung“ und die Frage, wie Auszubildende langfristig ans Unternehmen gebunden werden können, beschäftigten die Teilnehmenden auf der Bühne und im Publikum. Schnell zeigte sich in der Diskussion, dass viele junge Erwachsene heute deutlich selbstbewusster auftreten, als es noch einige Azubi-Generationen vor ihnen der Fall war. So sind sich viele Schülerinnen und Schüler des demografischen Wandels in der Gesellschaft bewusst und verstehen den mit ihm einhergehenden Fachkräftemangel als ihr persönliches Chancenplus.
Demgegenüber mussten die Ausbildungsbetriebe sich in den letzten Jahren um 180 Grad umstellen: In den meisten Branchen ist das Angebot an Ausbildungsplätzen heute größer als die Nachfrage. Echte, das heißt im gesamten Unternehmen gelebte Wertschätzung erweist sich neben einer zeitgemäßen materiellen Ausstattung der Ausbildung als wesentlicher Schlüsselfaktor, um Interessierte für die Ausbildung im eigenen Unternehmen zu begeistern und auch über die Ausbildung hinaus ans Unternehmen zu binden: Langfristige Leistungsbereitschaft und Loyalität sind letztlich das Ergebnis einer gesunden Unternehmenskultur, die sich mit der Zeit weiterentwickelt.
Praxisworkshops für Ausbilderinnen und Ausbilder
In sechs eineinhalbstündigen Praxisworkshops erhielten die Teilnehmenden jeweils einen kreativen Startimpuls ins Workshopthema und erarbeiteten dann zum Teil unkonventionelle und kreative Antworten, Lösungsvorschläge und Maßnahmen.
Workshop 1: KI-Tools für das Azubimarketing
Carlo Maßmann, Wirtschaftspädagoge, Speaker, Berater und Trainer bei just ask!, einer bundesweit tätigen Enabling-Agentur, stellte praxisnah vor, wie sich Videos für das Ausbildungsmarketing oder zur Bereicherung der Lehr- und Lernmethoden durch den Einsatz frei zugänglicher KI-Tools schnell und einfach erstellen lassen. „Das kann eigentlich jeder!“ – lautete das einhellige Feedback.
Workshop 2: Psychisch stabile Auszubildende
Seit vielen Jahren arbeiten Jenny und Norbert Hüge als Coach und Trainer für Stressmanagement, Führungskräfteentwicklung, Resilienz und Burnout-Prävention sowie als Berater für „Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“. Thema ihres Workshops war die Frage, woran psychische Gesundheitsprobleme bei Auszubildenden zu erkennen und wie sie gekonnt anzusprechen sind. „Klare Kriterien und ein für die Praxis tauglicher Handlungsplan, damit kann man arbeiten“, lobten die Teilnehmenden.
Workshop 3: Rollenverständnis von Ausbilderinnen und Ausbildern
Um das Rollenverständnis heutiger Ausbilderinnen und Ausbilder ging es im dritten Workshop: „Aller guten Dinge sind drei! Das stimmt. Haltung + Beziehung = Vertrauen.“ Marco Weißer, Leiter des effico Instituts für Aus- und Fortbildung in Hundsangen im Westerwald diskutierte mit den Teilnehmenden, wie diese elementare Gleichung in der Praxis umgesetzt werden kann. Eines der Ergebnisse: Haltung braucht Selbstbewusstsein und Persönlichkeit, Beziehung braucht Beziehungsarbeit – wer den Blick über den Tellerrand von Digitalisierung, Internet und Co. wirft, entdeckt den Menschen wieder.
Workshop 4: Generationenmnagement
Kann man das Miteinander der Generationen im Unternehmen überhaupt managen? Und wenn ja, welche Herausforderungen sind zu bewältigen und was wäre der konkrete Nutzen? Diese Fragen diskutierte Prof. Dr. Alfred Quenzler, Professor für Internationales Personal- und Organisationsmanagement bei der Technischen Hochschule Ingolstadt, mit den Teilnehmenden des vierten Workshops. In den Blick kamen hierbei unter anderem die sich wandelnden Erwartungen an den Arbeitsplatz, die Bedeutung von Erfahrungswissen aber auch die Schwierigkeiten für Unternehmen, für alle Generationen gleichermaßen attraktiv zu sein. „Wir müssen den jungen Nachwuchskräften attraktive Berufseinstiege und Arbeitsumfelder bieten und gleichzeitig dafür sorgen, dass die älteren Beschäftigten möglichst lange im Unternehmen bleiben. Das ist die Herausforderung, das ist die Chance. Da werden schon bald einige Steine ins Rollen kommen“, fasste eine Teilnehmerin ihre Eindrücke zusammen, „es war sehr erhellend, dieses Spannungsfeld schon heute klar zu sehen.“
Workshop 5: Azubi-Recruiting neu gedacht
Axel Haitzer versteht sich selbst als „Quergeist“ und zählt zu den gefragtesten Speakern und Beratern, wenn es um das Thema Recruiting geht. Im Workshop 5 brachte er die Teilnehmenden dazu, den gesamten Prozess des Recruitings neu zu denken und stellte ein ganzes Bündel von Impulsen vor, um durch unkonventionelle Maßnahmen zu punkten. Ein Feedback stellvertretend für andere: „Wow! Wenn man sich von dem vertrauten, leider immer öfter erfolglosen Denken und Handeln gelöst hat, bekommt man auf einmal eine ganz neue Vorstellung davon, was man machen kann, um Auszubildende zu gewinnen. Und noch viel besser: Man bekommt richtig Lust, das sofort auszuprobieren. Stark!“
Workshop 6: Selbst-Verständlich Ausbilder/-in
Was kennzeichnet uns als Ausbilderinnen bzw. Ausbilder? Wer sind wir, wer sollten wir sein und wer wollen wir sein? Theo Grassl, Trainer, Dozent, Referent und ein gutes Stück auch Philosoph, erkundete im Dialog mit den Teilnehmenden des sechsten Workshops, was nötig ist, um die eigene Motivation und Begeisterung für die Arbeit der Ausbildung lebendig zu erhalten und widerstandsfähig zu machen. Dabei blieb er nie im Abstrakten, sondern sorgte mit treffsicheren Praxisbeispielen für eine gemeinsam erhellende Reflexion. Fazit in den Worten eines Teilnehmers: „Sich einmal gemeinsam mit anderen auf die Essenz der Ausbildertätigkeit zu fokussieren und das ständige Wunschkonzert, mit dem man es zu tun hat, einfach mal abzuschalten, ist eine tolle Erfahrung gewesen. Danach sortiert man sich und sein Tun neu und vieles, was ganz wichtig daherkommt, relativiert sich zusehends.“
Ausbilderforum der IHK Ausbilderakademie Bayern: Fazit
Das erste Ausbilderforum seit 2019 war ein voller Erfolg. Nachdem die Veranstaltung 2020 pandemiebedingt abgesagt werden musste und 2023 zwei Ausbildertage im „kleineren Format“ realisiert wurden, zeigte die diesjährige Durchführung erneut, wie wertvoll es für Ausbilderinnen und Ausbilder ist, sich immer wieder einmal in einer vom Alltag abgekoppelten produktiven Atmosphäre wie in der IHK Akademie Westerham persönlich treffen und austauschen zu können. Der Bedarf, sich gegenseitig zu vernetzen, von anderen zu lernen und gemeinsam, das heißt betriebs- und branchenübergreifend, neue Lösungswege auszuprobieren, wächst, das bestätigten nahezu alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer:
„Als Einzelkämpfer kannst du Ausbildung heute eigentlich nicht mehr erfolgreich machen. Bei Veranstaltungen wie dieser hier merkst du, was alles geht, wenn man weg vom Alltagsdruck einmal über den eigenen Tellerrand hinausschauen kann und sich zusammentut. Das halte ich für sehr wichtig, um den Auftrag Fachkräftequalifizierung so erfüllen zu können, wie es unsere Gegenwart verlangt.“
(Fazit eines Teilnehmers)
„Genau meine Themen“, „genau die richtige Menge an Input“, „sehr gelungenes Angebot – weiter so!“, lobten viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dieses positive Feedback nehmen die Veranstalter bei der IHK Ausbilderakademie Bayern gerne als Bestätigung und Ansporn mit in die Planung des nächsten Ausbilderforums.