TOP-Ausbildung spricht für sich

PraxisEngagementInterviews

Azubis präsentieren ihre Ausbildung und ihren Betrieb in Schulen der Region – mit den IHK AusbildungsScouts steht Unternehmen ein effektives Instrument zur Gewinnung neuer Auszubildender zur Verfügung. Ein Praxisinterview…

Wer bzw. was sind die IHK AusbildungsScouts?

Mit dem Projekt „IHK AusbildungsScouts“ fördern die bayerischen IHKs den Dialog zwischen Schulen und Wirtschaft rund um das Thema Berufsorientierung. Die Idee: Auszubildende stellen Schülerinnen und Schülern, die demnächst die Schule beenden, ihre Berufsausbildung vor – in Coronazeiten per Onlinepräsentation, aber in jedem Falle auf einer Wellenlänge von Jugendlichen für Jugendliche.

Zur Vorbereitung absolvieren die IHK AusbildungsScouts eine kurze Schulung bei der örtlichen IHK, die ihnen die Grundlagen des Präsentierens vermittelt und mit ihnen die wichtigsten Eckdaten abstimmt, die zu ihrem Ausbildungsberuf genannt werden sollten.

Für die teilnehmenden Firmen bietet sich auf diese Weise die Möglichkeit, ihr Unternehmen und ihr Ausbildungsangebot authentisch zu präsentieren und wertvolle Kontakte zu interessierten Jugendlichen aus der Region, durch die Erweiterung auf das Onlineformat oftmals sogar aus dem gesamten Bundesgebiet, zu gewinnen.

Doch das Entscheidende ist, dass die Schüler „in ihrer Sprache“ erfahren, was das Faszinierende am jeweiligen Beruf ist, wie die Ausbildung praktisch abläuft und welche Besonderheiten das jeweilige Unternehmen zu bieten hat.

Alle Details zum Projekt und die zahlreichen Möglichkeiten, sich zu beteiligen, finden Unternehmen, Auszubildende, Lehrer, Schüler und Eltern unter ausbildungsscouts.bihk.de

Die Unternehmensperspektive beleuchtet exemplarisch das folgende Praxisinterview mit Antonia Schäfer, Ausbildungsleiterin und Verantwortliche für Recruiting und Personalmarketing beim Schloss Steinburg, Hotel und Weinrestaurant, in Würzburg.

PRAXISINTERVIEW

Frau Schäfer, das Schloss Steinburg bildet unter anderem Köche, Hotelfachleute und Restaurantfachleute aus. Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Azubi-Marktes in den letzten zehn Jahren?

Antonia Schäfer: Früher erreichten uns rund 2.000 Bewerbungen pro Jahr, in der Regel per Post. Wir haben in den heißen Phasen mindestens fünf Bewerbungsgespräche pro Woche geführt und konnten aufgrund der hohen Nachfrage strenger als heute vorauswählen, wen wir zum persönlichen Gespräch einladen. Die mittlere Reife war beispielsweise eine Mindestanforderung. 

Heute hat sich das grundlegend geändert. Die Bewerberzahlen sind deutlich gesunken, die Bewerbungen kommen per E-Mail und wir sind zum Beispiel mit Blick auf die Schulnoten toleranter geworden. Sofern die Bewerbung einen vernünftigen Eindruck macht, laden wir die Schülerin oder den Schüler ein. Von denjenigen, die dann bei uns ein einwöchiges Praktikum absolvieren, das verlangen wir obligatorisch, damit beide Seiten sich besser kennenlernen können, übernehmen wir letztlich etwa 80 Prozent in die Ausbildung.  

Wie haben Sie früher die passenden Auszubildenden gefunden und welche Maßnahmen nutzen Sie heute?

Damals wie heute veröffentlichen wir unsere Ausbildungsplätze bei der Agentur für Arbeit und einigen weiteren Ausbildungsbörsen. Mit der Zeit ist es aber immer wichtiger geworden, aktiv auf die Jugendlichen zuzugehen. Das tun wir zum Beispiel über Facebook, Instagram und auf den Berufsbildungsmessen. Ich versuche zudem, unser Unternehmen mit Plakaten, Flyern und Informationsveranstaltungen an den Schulen vor Ort präsent zu machen. Die Botschaft lautet immer: „Wir kommen gerne zu Euch!“ – und uns ist sehr wichtig, dass jedem sofort klar ist, dass wir das Klischee von den schwierigen Ausbildungsbedingungen in der Hotellerie und Gastronomie nicht erfüllen, sondern im Gegenteil wirklich etwas ganz Besonderes zu bieten haben. Wir sind Mitglied im Verein der „FAIR JOB HOTELS“ und haben uns das Qualitätssigel der DEHOGA „Top Ausbildungsbetrieb“ erarbeitet. Wir können von unseren Auszubildenden nur dann Leistungsbereitschaft und Leidenschaft für unser Unternehmen verlangen, wenn wir ihnen dasselbe für ihre Ausbildung bieten.

Die Lockdown-Phasen aufgrund der Corona-Pandemie haben das Ausbildungsmarketing sicher verändert und uns sowie selbstverständlich auch den Auszubildenden und den Schülerinnen und Schülern viel abverlangt. Vieles, was vorher im persönlichen Gespräch möglich war, musste online stattfinden, aber wir haben auch wertvolle Erfahrungen gesammelt, wie wir die Jugendlichen online noch besser abholen können. 

Das Projekt „IHK AusbildungsScouts“ dient der Berufsorientierung an den Schulen. Wie beurteilen Sie das Verständnis, das Jugendliche heute vom Berufsleben haben?

Früher haben die Eltern einen wesentlich größeren Einfluss auf die Berufsorientierung ihrer Kinder ausgeübt. Durch das Internet hat sich das spürbar verändert. Es ist viel einfacher geworden, sich alle möglichen Berufe einmal im Netz anzuschauen. Die Schulen tun viel, aber es fehlt aus meiner Perspektive oft ein stringentes Konzept, um eine grundlegende Berufstauglichkeit zu schaffen. Für viele Jugendliche ist das Berufsleben trotz Internet einfach zu abstrakt und zu weit weg. Die 16-Jährigen befinden sich außerdem noch inmitten ihrer Persönlichkeitsentwicklung und sind noch unentschieden, wie ihre berufliche Zukunft ausschauen soll. Deshalb würde ich mir Bildungs-Coaches an den Schulen wünschen, die viel individueller aufzeigen, wie jemand seinen Weg in den passenden Beruf finden kann.

Nehmen wir doch nur einmal jugendliche Migranten, die erst ein paar Jahre in Deutschland sind. Viele von ihnen haben riesiges Potenzial, aber wir brauchen noch mehr Förderung der Integration und berufsspezifische Nachqualifizierungen, die die Schulen gar nicht leisten können. Schon die Sprachbarriere führt dazu, dass sie ihre Fähigkeiten in der Schule gar nicht richtig zeigen können. Im praktischen Teil der Ausbildung sieht das oft ganz anders aus, aber wenn dann die schriftliche Prüfung ansteht, haben sie es wieder sehr schwer, auch nur die Fragen richtig zu verstehen.

Insgesamt denke ich, dass wir die Jugendlichen nicht über einen Kamm scheren dürfen, Pauschalisierungen bringen uns nicht weiter. Wir als Unternehmen müssen etwas tun, um die Berufsfähigkeit zu entwickeln. Wir müssen uns um die Jugendlichen kümmern und sie als Schüler von uns und der Ausbildung bei uns begeistern. Und das muss sich während der Ausbildung fortsetzen. Wir führen beispielsweise etwa 20 zusätzliche Schulungen pro Jahr für unsere Azubis durch. Aber wir ernten auch die Früchte, denn wir können unseren Auszubildenden anspruchsvolle Aufgaben übertragen, die sie mit Verantwortungsbewusstsein erfüllen. Wir hatten seit zig Jahren keinen einzigen Abbrecher mehr und übernehmen fast alle unsere Auszubildenden.

Zu den IHK AusbildungsScouts: Wie sind Sie auf das Projekt aufmerksam geworden und was war der wichtigste Grund für Sie, dabei mitzumachen?

Wir pflegen ein sehr enges Verhältnis zur IHK Würzburg. Die Kollegen der Ausbildungsberatung haben uns das Konzept vorgestellt und der Ansatz hat uns sofort überzeugt. Es sind unsere eigenen Azubis, die ihre Ausbildung reflektieren und vor Ort oder mittlerweile eben auch online präsentieren, so funktioniert es, wenn man die Schüler optimal ansprechen will.

Gab es im Unternehmen Widerstände oder Hürden, die bewältigt werden mussten?

Nein, unsere Geschäftsführung und die Abteilungsleiter waren von dem Projekt auch sofort angetan, „Machen“ lautet seitdem die Devise.

Sie beschäftigen aktuell 23 Auszubildende. Wie wählen Sie aus, wer als IHK AusbildungsScout seine Ausbildung und Ihr Unternehmen in der Schule präsentieren darf? Und was sollte einen Azubi als IHK AusbildungsScout auszeichnen?

Wir haben regelmäßige Azubi-Meetings, in denen alles zur Sprache kommt, was für unsere Azubis, das Miteinander im Unternehmen und den Ausbildungserfolg wichtig ist. Dort frage ich für jeden unserer Ausbildungsberufe einfach, wer Lust hat und habe es noch nie erlebt, dass sich niemand meldet. Natürlich ist das Ganze auch ein bisschen Typ-Sache und der oder die Auszubildende sollte von sich aus kommunikativ sein. Der „Schaffer“, der zum Beispiel als Koch am liebsten ohne viel zu reden arbeitet, ist sicher nicht ganz optimal. Aber auch der kann es lernen, dazu gibt es ja den Vorbereitungslehrgang bei der IHK. Am Ende geht es auch nicht um eine perfekte Show, sondern um Authentizität und Glaubwürdigkeit gegenüber den Schülerinnen und Schülern. Wenn das klappt, springt der Funke von alleine über.

Wie beurteilen Sie Aufwand und Nutzen des Projekts? Wieviel Zeit erfordert das Ganze und wie bewerten Ihre Azubis das Projekt?

Geringer Aufwand, riesiger Nutzen, daran besteht kein Zweifel. Konkret sieht es so aus, dass die Azubis einmal von der IHK geschult werden und etwa zwei bis drei Stunden für die Erstellung ihrer Präsentation benötigen. Die Termine in den Schulen dauern nicht länger als 45 Minuten, kurz, prägnant, knackig ist angesagt. Die An- und Abfahrt kommt, wenn die Termine in Präsenz stattfinden, noch hinzu, mehr ist es aber nicht. Die IHK koordiniert die Einsätze mit den Schulen und den Unternehmen, sie buchen uns also und teilen uns mit, für welche Schulform welche Ausbildung präsentiert werden soll. Es handelt sich um ein vertrauensvolles gegenseitiges Geben und Nehmen, das ich sehr schätze.

Für unsere Azubis ist ihr Einsatz als AusbildungsScout wie gesagt eine zusätzliche Auszeichnung. Wir vertrauen ihnen, dass sie unser 4-Sterne-Hotel und unseren Einsatz für eine erstklassige Ausbildung angemessen präsentieren. Sie sind stolz darauf, das machen zu dürfen, ich habe bislang keine einzige Enttäuschung erlebt.

Von Ausbilder zu Ausbilder: Welchen Unternehmen würden Sie die Teilnahme am Projekt empfehlen? Welche Fragen sollte sich ein Unternehmen stellen, wenn es überlegt, am Projekt teilzunehmen?

Ich empfehle das Projekt im Grunde allen Unternehmen, die vernünftig ausbilden. Das heißt, dass ich als erstes kritisch reflektieren muss, wie es um die Ausbildung im Betrieb tatsächlich steht und dabei sollte ich unbedingt auch die Azubis selbst zu Wort kommen lassen und gut zuhören. Wenn ich erstklassig ausbilde, dann kann und sollte ich das auch nach außen tragen, denn es lohnt sich. Wir – und ich glaube das gilt für viele andere Unternehmen ebenso – brauchen einfach den Nachschub an Fachkräften, die wir am besten selbst qualifizieren, um sie zu Top-Mitarbeitern zu entwickeln. 

Zum Schluss ihr Ausblick nach vorne: Wie verändert sich die Nachwuchskräfteentwicklung bzw. die Ausbildung in den nächsten 10 Jahren?

Die Corona-Situation war für die Gastronomie und Hotellerie eine große Belastung, mittlerweile bessern sich die Aussichten wieder. Mit etwas Stolz kann ich berichten, dass wir trotz Corona im Frühjahr sogar mehr Ausbildungsplatzanfragen hatten, als im Jahr davor. Wir sind sehr froh, dass im August zehn neue Auszubildende bei uns ihren Weg ins Berufsleben gestartet haben. So gesehen scheinen unsere Maßnahmen und unsere Art, auf die Jugendlichen zuzugehen, der richtige Ansatz zu sein, der sich gerade in dieser schwierigen Zeit ausgezahlt hat. Um Auszubildende zu gewinnen, werden wir diesen diesen Weg weitergehen.

Was die Ausbildung selbst angeht: Als Exklusivhotel können wir damit punkten, dass unseren Auszubildenden mit ihrem Abschluss im Schloss Steinburg die Welt offensteht und die besten Häuser sie willkommen heißen. Wir werden alles dafür tun, dass das auch so bleibt. Als Spitzenhotel brauchen wir Spitzen-Mitarbeiter, die bekommen wir durch eine Spitzen-Ausbildung, daran ändert sich nichts.

Schauen wir noch einmal kurz zurück: Ausbildungsmessen waren passé oder wurden auf Online-Formate umgestellt. Die Schulen und die Schülerinnen und Schüler hatten mit dem Homeschooling zu kämpfen, das Thema Berufsorientierung hat in den letzten Monaten unter den Entwicklungen gelitten. Die IHK AusbildungsScouts sind für die Unternehmen, Schulen und Schüler eine super Sache, bei der die Umsetzung ins digitale Format sehr gut funktioniert hat. Ob die Jugendlichen sofort von der Schule abgehen oder erst in zwei Jahren, irgendwann stehen sie vor der Frage, wie es für sie weitergeht. Da wäre es dumm, wenn niemand ihnen frühzeitig Berufswege vorgestellt und Angebote gemacht hätte. Jugendliche, die keine Orientierung haben, können wir uns im Grunde nicht leisten: weder unternehmerisch noch gesellschaftlich.

Frau Schäfer, ganz herzlichen Dank für das inspirierende Gespräch und kommen Sie mit Ihrem Team weiterhin gut durch diese schwierigen Zeiten.


Sie möchten die Ausbildung in Ihrem Unternehmen an Schulen der Region präsentieren? Nehmen Sie Kontakt auf: ausbildungsscouts.bihk.de