AEVO-Rahmenplan aktualisiert

PraxisEngagementArtikel

In Deutschland kann nur als Ausbilderin oder Ausbilder tätig werden, wer die Prüfung nach der Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) erfolgreich bestanden hat. Die Vorbereitung auf die AEVO-Prüfung erfolgt typischerweise in einem der sog. AdA-Lehrgänge (AdA = Ausbildung der Ausbilder).

Welchen Stellenwert besitzt der Rahmenplan?

Die AEVO gibt im Prinzip lediglich eine grundlegende Ausbildungsstruktur in Form von vier Handlungsfeldern vor. Ausbilderinnen und Ausbilder sind dann geeignet, wenn sie durch eine Prüfung nachweisen, dass sie die Ausbildung im Unternehmen

  1. sinnvoll planen,
  2. vorbereiten,
  3. durchführen und
  4. abschließen können.
     

So weit, so abstrakt – und genau das ist der Grund, warum die verantwortlichen Expertinnen und Experten unter anderem aus der Wirtschaft, von Seiten der Arbeitnehmervertretungen sowie aus der Berufsbildungs­forschung nicht die AEVO selbst, sondern den korrespondierenden Rahmenplan für die Prüfung und die Lehrgänge überarbeitet haben. Die Struktur selbst bleibt unverändert, denn diese allgemeine Struktur der Rechtsverordnung hat sich in der Substanz bewährt. Der Rahmenplan hingegen beschreibt, wie die Ausbilderinnen und Ausbilder diese Struktur in ihrer Ausbildungspraxis konkret umsetzen sollen und welche Kompetenzen sie hierfür benötigen.

Führt man sich vor Augen, dass die letzte Änderung der AEVO und des Rahmenplans 14 Jahre her ist, wird klar, dass eine Anpassung an die veränderten Gegebenheiten unserer heutigen Arbeitswelt und Gesellschaft dringend erforderlich war.

Was ändert sich ab Juli 2024?

  1. Ausbildende sollen sich selbst und die Ausbildung auf die anhaltenden Veränderungen durch die digitale Transformation einstellen können.

    Beispiel
    Die heutige Arbeitswelt ist von digitalen Formen der Zusammenarbeit geprägt. Entsprechend sollen Ausbildende ihren Azubis auch die hierfür erforderlichen Digitalkompetenzen vermitteln und die Ausbildung selbst durch digitale Bausteine des Lernens und der Zusammenarbeit weiterentwickeln.
     
  2. Ausbildende sollen den Themenkomplex Nachhaltigkeit und ein nachhaltiges Handeln im beruflichen Umfeld in die Ausbildung integrieren können.

    Beispiel
    Der Kampf gegen den Klimawandel und das Eintreten für einen ressourcenschonenden Umgang mit unserer Umwelt müssen im beruflichen Alltag verankert sein, um Wirkung erzielen zu können. Daher übernehmen Ausbildende in Zukunft mehr Verantwortung dafür, ihren Auszubildenden diese Themen zu vermitteln und sie mit den praktischen Handlungsoptionen in ihrem Beruf vertraut zu machen.
     
  3. Ausbildende sollen die Herausforderungen einer zunehmend heterogenen Gesellschaft im Hinblick auf Herkunft, kulturelle und religiöse Zugehörigkeit oder auch sexuelle Orientierung konstruktiv annehmen können.

    Beispiel
    Ihre Andersartigkeit darf kein Grund dafür sein, dass Jugendliche keinen Ausbildungsplatz finden oder während der Ausbildung benachteiligt werden. Vor allem auf Seiten des ausbildenden Personals sind ein besonderes Maß an mentaler Offenheit und erweiterte interkulturelle, kommunikative und Führungskompetenzen gefordert, um heutige Jugendliche beruflich zu integrieren und ihre Potenziale – auch im Interesse der Fachkräftesicherung – zur Entfaltung zu bringen.
     
  4. Ausbildende sollen die Ausbildung noch stärker als bisher auf den tatsächlichen Fachkräftebedarf im Unternehmen fokussieren können.

    Beispiel
    Die Anforderungsprofile für einen Beruf unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen. Ausbilder sollen zwar einerseits die von der Ausbildungsverordnung formulierte einheitliche Basis von Fachwissen und beruflichen Handlungskompetenzen vermitteln, die im jeweiligen Beruf erforderlich ist. Andererseits sollen sie in Zukunft stärker auf die spezifischen Konstellationen und Ausprägungen im Unternehmen eingehen können, damit die Passung der zukünftigen Fachkräfte zu ihrem Ausbildungsbetrieb verbessert und Übernahme nach der Ausbildung erleichtert wird. 
     

Verändertes Selbstverständnis von Ausbildenden und Azubis

Mindestens ebenso wichtig wie die aufgeführten Anpassungen ist, dass der neue AEVO-Rahmenplan den künftigen Ausbilderinnen und Ausbildern ein anderes Selbstverständnis vermittelt als das aktuell noch der Fall ist. Um sich noch stärker an den tatsächlichen Geschäftsprozessen und beruflichen Ausprägungen im Unternehmen orientieren zu können, erhalten Ausbildende deutlich mehr Freiräume bei der Gestaltung der Ausbildung. Aus diesem Grund entfallen auch zahlreiche kleinteilige Vorgaben ersatzlos. Das bedeutet: Ausbilderinnen und Ausbilder übernehmen in Zukunft deutlich seltener die Rolle einer bzw. eines Unterweisenden und agieren dafür viel öfter als Lerncoaches bzw. Lernprozessbegleiterinnen und -begleiter.

Weniger „Da geht’s lang, das ist so vorgeschrieben.“ – 
dafür mehr „Überleg Dir, wie es (hier bei uns im Unternehmen) gehen könnte, probier‘ es aus und lass uns festhalten, was Du dabei gelernt hast.“

Dieses neue Rollenverständnis, das selbstverständlich auch in den AdA-Lehrgängen zentrale Bedeutung erhalten wird, wirkt sich nicht zuletzt auf die Auszubildenden als zukünftige Fachkräfte aus. Ziel ist es, durch eine modernisierte Ausbildung auch das soziale Miteinander in den Betrieben weiterzuentwickeln und Impulse für die Unternehmenskultur zu geben: in Richtung Weltoffenheit und Toleranz, mit mehr Bewusstsein für Nachhaltigkeit, weniger hierarchischen Arbeitsstrukturen und größerer Eigenverantwortung von Nachwuchskräften bei ihrer Aufgabenwahrnehmung. Für die Zukunft der Arbeitswelt geeignete Fachkräfte brauchen für die Zukunft der Ausbildung geeignete Ausbilderinnen und Ausbilder, so einfach ist das – und so anspruchsvoll.